piwik no script img

Archiv-Artikel

Kurt Beck als pfälzische Seifenoper

Der Vorsitzende der SPD kam für eine Podiumsdiskussion nach Bremen – aber den Beifall erhielt die DGB-Vorsitzende

Von Kawe

Stell Dir vor, der Kanzlerkandidat kommt – und keiner will ihn sehen. Das in etwa widerfuhr am Freitagabend der SPD. Zu einer Podiumsdiskussion ins „World Trade Center“ hatte sie Kurt Beck, immerhin der Bundesvorsitzende der Partei, geladen. „Nahe bei den Menschen“ – das taktische Ziel der Veranstaltung und ihr offizieller Titel fielen zusammen.

Beck sollte also „nahe bei den Menschen“ sein, und das möglichst medienwirksam. Die Bühne war zu diesem Zweck fernsehgerecht aufgemotzt, Sicherheitsbeamte schützten demonstrativ die Promis.

Beck stand etwas gelangweilt auf der Bühne, ungefähr so, als habe er diese Woche schon 40 solcher Termine hinter sich gebracht. Oder als hätte er ein weit größeres Publikum erwartet, als die knapp 250 erschienenen Menschen. Oder weil er eben so ist. Wir brauchen „an einer Reihe von Stellen Neuorientierungen“, sagte er. „Respekt gegenüber den Menschen“ etwa, die „nicht nur auf ihre Arbeitskraft reduziert“ werden dürften. Das soziale System müsse „gestaltet“ werden, da dürfe „nicht die Anpassung an Sachzwänge“ regieren. Der Beifall war schwach.

Beck präsentierte seine Allgemeinplätze so selbstzufrieden, als sei der Pfälzer Helmut Kohl sein Vorbild. Aber im Gegensatz zu Kohl strahlt Beck keine Macht aus, und so gerät seine Kopie eher zur Karikatur. Wortmeldungen sollten per Zettel in der „Dialogbox“ gesammelt werden, die Resonanz war gering.

Helga Ziegert hingegen, die bremische Vorsitzende des Deutschen Gewerkschafts-Bundes, erhielt für ihre Forderung nach mehr „Schutz gegen die übermächtige Wirtschaft“ den begeisterten Beifall, den der Vorsitzende sicher gern gehabt hätte. Die Deregulierung zur Leiharbeit sei „einer der Sündenfälle der rot-grünen Koalition“, sagte Ziegert. Nach nur fünf Minuten ihrer Rede war klar, wer „nah bei den Menschen“ war.

Den an den Reaktionen auf Ziegerts Rede ablesbaren Unmut an der sozialdemokratischen Basis ist Beck offenbar gewohnt. „Die SPD ist eine heftig diskutierende Partei, das macht sie so liebenswert – auch wenn es mir momentan nicht jeden Tag die allergrößte Freude bereitet“, hatte er erst am Morgen gegenüber Schülern in Bremerhaven bekannt. Kawe