Kunstrundgang : Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um
Eigentlich kann Tim Lee es gar nicht, aber er tut es doch: Klavier spielen. So hören die untrainierten Ohren in der Johnen Galerie zunächst die virtuos gespielten Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach. Erst wenn die BesucherInnen um die Ecke schauen, erschließt sich das Spiel genauer. Zwei Monitore zeigen jeweils die rechte und die linke Hand des Künstlers, die etwas steif über den Tasten tanzen. Doch die Schnitte verraten: Stück für Stück wurden unterschiedliche Takes zusammengeschnitten und das Spiel synchronisiert. Der in Korea geborene Tim Lee rekonstruiert so nicht nur Glenn Goulds Bach-Interpretationen aus dem Jahr 1981, die zu einer Zeit entstanden sind, in der Gould sich schon länger mit elektronischen Medien und den damit möglichen Aufnahmeprozessen beschäftigte. Lee nutzt eben diese Möglichkeiten auch, um Fragen nach Urheberrecht und der Authentizität eines Werkes zu stellen. Jorinde Voigt hingegen kann musizieren, tut es aber nicht. 1977 geboren, stand ihr einer Karriere als Orchestermusikerin nichts im Weg, entschied sich allerdings 1999 zu einem Studium der bildenden Kunst und absolvierte ihr Meisterjahr bei Katharina Sieverding. Mit „ReWrite – Constellations of one“ zeigt sie in ihrer zweiten Soloshow bei Fahnemann Projects großformatige Skizzen, die einen in ihrer akkuraten wie virtuosen Umsetzung nahezu erschüttern. Es sind hochkomplexe Kompositionen, mit denen die BetrachterInnen angeleitet werden, sich Zeit und Raum unter Einfluss von bestimmten Rotationskräften und Geräuschen vorzustellen. So entstehen ausgehend von einer Fülle konkreter Anweisungen, die sich allerdings nicht komplett nachvollziehen lassen, in jedem Kopf andere Orte. Fantastische Orte ohne Kitsch und schwülstiges Gesabber, aber mit umso mehr begehrenswertem Schwung in Strich und Idee!
Tim Lee, bis 26. April, Di.–Sa. 11–18 Uhr, Johnen Galerie, Schillingstr. 31
Jorinde Voigt, bis 17. Mai, Di.–Sa. 12–18 Uhr, Fahnemann Projects, Gipsstr. 14