Die Geschichte von der Giraffe Paul

Die grüne Tierschutzexpertin Claudia Hämmerling und der Tierschutzverein Peta werfen Zoodirektor Bernhard Blaszkiewitz vor, aus Profitgier fragwürdige Tiere zu züchten und Tiere über Händler an Schlachter zu verkaufen

Der liebe Gott meinte es nicht gut mit Paul. Sein Vater Alexander war ein Hybrid aus einer ungeklärten Giraffenart mit einer Rotschildgiraffe. Pauls Mutter Elfi wiederum war die Tochter von Alexander – was Paul somit zu einer Hybrid-Inzest-Giraffe macht. „Das ist schlimmer als eine Kreuzung aus Schäferhund und Pudel“, sagt die Grünen-Abgeordnete Claudia Hämmerling. „Schäferhund-Pudel-Mischlinge will schon keiner haben.“ Die Giraffe Paul schon gar nicht.

Weil kein Zoo und auch kein Tierpark Interesse an Paul zeigten, verkaufte 2005 der Berliner Tierpark Paul an den Tierhändler Werner Bode. Unter mysteriösen Umständen brach sich Paul beim Abtransport jedoch das Genick und starb. Ist sonst im Jahresbericht des Tierparks alles akribisch festgehalten, wird Pauls Tod mit keiner Silbe erwähnt. „Giraffen sind sehr sensible Tiere“, sagt der Zooexperte Frank Albrecht von der Tierschutzorganisation Peta. Werden sie zu hektisch aufgeladen, entsteht Stress. Sie können ausrutschen, oder ihre langen Beine knicken weg. Dass über Pauls Tod keine Eintragungen zu finden sind, hat Albrecht misstrauisch gemacht. „Es muss etwas geschehen sein, was den Zoodirektor noch mehr belasten würde.“

Nachdem die Grünen-Tierschutzexpertin Hämmerling vor drei Wochen gegen den Zoo- und Tierpark-Direktor Bernhard Blaszkiewitz Anzeige wegen Verstoßes gegen den Tierschutz erstattet hat, reißt die Kritik an ihm nicht mehr ab. Alle paar Tage werden neue Vorwürfe bekannt gegeben. So werfen Hämmerling und die Organisation Peta Blaszkiewitz vor, Anfang der 1990er-Jahre Zwergflusspferde und Kragenbären an Händler verkauft zu haben, die die Tiere unter anderem an Schlachter weitergeleitet haben sollen. Auch der Verbleib von fünf Tigern bleibt ungeklärt. Albrecht vermutet, dass die Tiger aus dem Berliner Tierpark an eine Farm in China verkauft wurden, wo sie unter tierfeindlichen Bedingungen gehalten werden.

Tierhändler Bode weist die Vorwürfe von sich. Entgegen anders lautenden Medienberichten gibt Bode zwar zu, auch nach seinem offiziellen Rückzug vom Tierhandel vor fünf Jahren Tiere weiter vermittelt zu haben. „Ich verfüge über gute Kontakte“, bestätigt er, beteuert aber, keine Tiere an Schlachter verkauft zu haben. Auch seien alle seine Tiergeschäfte vom Bundesamt für Artenschutz überprüft worden.

Tiere müssen verantwortungsvoll gezüchtet werden, erwidert die Grünen-Abgeordnete Hämmerling. Das könne man bei einem Tierhändler jedoch nicht sicherstellen.

Nach Ansicht der Tierschutzorganisation Peta liegen die Ursachen des Problems in der Tierhaltung. Aus Profitgier würde im Zoo und im Tiergarten zu viel Nachwuchs gezüchtet. Blaszkiewitz wolle wie bei Knut mit vielen Jungtieren die Besucherzahlen in die Höhe treiben. Sind die Tiere jedoch erst mal aufgewachsen, gibt es keine Verwendung mehr für sie“, sagt Albrecht. Der Tierschützer vermutet, dass in den Berliner Zoos allein in den vergangenen fünf Jahren bis zu 500 Tiere verschwunden sind. Was an diesen Vorwürfen dran ist, prüft momentan die Staatsanwaltschaft.

Wenn es für eine Zooeinrichtung die einzige Möglichkeit ist, den Bestand zu sichern, habe sie gar nichts dagegen, dass auch mal verwandte Giraffen gepaart werden, sagt Hämmerling. Sie jedoch bloß für ein Jahr zu züchten, um sie dann über einen Tierhändler an Schlachter zu verhökern – das sei „verwerflich und abscheulich“. FELIX LEE