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Archiv-Artikel

Kein Sieg für die Umwelt

betr.: „Biosprit abgedreht“, taz vom 3. 4. 08

Wenn die geplante höhere Beimischung von Bioethanol (E10) nicht kommt, geschieht dies in erster Linie aus Rücksicht auf die Autofahrer. Deutschland ist und bleibt eben das Land des Dienstwagenprivilegs, des fehlenden Tempolimits und der schweren Karossen. Ein Aufschub bei E10 wäre ein Sieg der Halter älterer Autos – ein Sieg für die Umwelt ist der Verzicht auf Biosprit indes nicht.

Das System Auto ist resistent gegenüber wirklichen Innovationen. Trotz der Fortschritte bei Elektro-/Hybrid- und Wasserstoffantrieb sind die Verheißungen der Konzerne bislang kaum auf den Straßen zu sehen. Flüssige Kraftstoffe werden mindestens auch die kommenden zwei Jahrzehnte bei weitem dominieren. Wenn wir in jedem Lebens- und Wirtschaftsbereich etwas gegen den Klimawandel tun wollen, dürfen wir keinen Sektor aussparen. Der Straßenverkehr aber steht für ein Fünftel aller Treibhausgasemissionen, Tendenz steigend.

Unterdessen fällt es schwer, die vielen kontrastierenden Aussagen bezüglich der Klimabilanz von Biosprit zu überblicken. Ethanol aus Zuckerrohr, Mais und Co, das vormalige Waldflächen verdrängt, ist sicher keine Option. Lediglich den Mineralölkonzernen passte E10 ins Konzept, weil so die Quoten zwar umweltschädlich, aber billig zu erfüllen gewesen wären. Dabei liegen die Alternativen nah: Biodiesel aus heimischem Raps spart 40 Prozent CO2, der Rohstoff wird in Europa nach guter fachlicher Praxis angebaut (sog. cross compliance), Schutzgebiete sind Tabu und es gibt genügend Restflächen, so dass Nahrungsmittelversorgung oder Ausweitung des ökologischen Landbaus nicht gefährdet werden. In Deutschland beigemischter Biodiesel stammt zu 80 Prozent aus europäischem Raps und vom kleinen Rest kommt der Großteil aus kontrolliert nachhaltig angebautem brasilianischem Soja (bestätigt Greenpeace). Letztlich ist klar: Im teuren, klimaschädlichen Öl liegt keine Zukunft. Neben alternativen Antrieben und effizienteren Fahrzeugen sind wir auf postfossile Alternativen, auch als Übergangslösung, angewiesen.

MARKUS BECKER, Berlin