: Die Spreebirds wollen keine BVG-Shirts
Sportlich läuft es gut für die Handball-Frauen vom SV BVG 49. Doch nach dem Ausstieg ihres Hauptsponsors und Namenspatrons suchen die Spreebirds neue Geldgeber. Sie locken mit dem Plan, in die Erste Liga aufzusteigen
Ein paar kleinere Sorgenfalten werden bei den Verantwortlichen der Frauenhandballer des SV BVG 49 nach dem souveränen 43:29 (20:11) gegen die TSG Wismar verschwunden sein. Mit dem befreienden Sieg vom Samstag ist sportlich der Verbleib in der Zweiten Liga fast geschafft. Um ganz sicher zu sein, müsste aus den letzten beiden Spielen gegen direkte Konkurrenten noch ein Sieg folgen. Das ist aber machbar. Dementsprechend groß war auch Erleichterung bei allen Beteiligten.
Die tiefen Sorgenfalten konnten allerdings auch mit dem sportlichen Erfolg nicht beseitigt werden. Denn vor zwei Wochen hatte nach fast zehnjähriger Unterstützung Hauptsponsor BVG mit sofortiger Wirkung den Geldhahn zugedreht. „Die haben uns einfach die kalte Schulter gezeigt“, sagt Vorstandsmitglied Wolfram Eschenbach. Der Frust im Verein saß tief. Kurzerhand wurden bei den Ligaspielen BVG-Werbeplakate überhängt, der Schriftzug auf den Trikots der Spielerinnen wurde überklebt. „Wir wurden hängen gelassen“, sagt auch Trainer Helmut Röder. Die Verbitterung im Verein ist so groß, dass man überlegt, sich umzubenennen, sollte es bei dem Ausstieg des Sponsors bleiben. „Es gebe ja dann keinen Grund mehr, uns so zu nennen“, so Eschenbach.
Mit dem Wegfall des Hauptsponsors ist der Verein in seiner Existenz bedroht. Es klafft nicht nur ein Loch im laufenden Etat, sondern auch ein großes für die nächste Saison auf. Seit Wochen sucht man bei den Spreebirds nach Lösungen. „Vor allem der Handballverband Berlin und die Politik unterstützen uns großartig“, sagt Eschenbach. Auch im Umfeld des Vereins tat sich etwas: Die Solidaritätsaktion „Wir retten die Spreebirds“ wurde ins Leben gerufen. Die Unterstützung ist also da, um den einzigen Berliner Zweitligisten im Frauenhandball zu retten.
Schon seit einigen Jahren krankt der Frauenhandball in dieser Stadt. Die Zeiten, in denen es einen Berliner Erstligisten gab, sind lange vorbei. Die Randsportart Frauenhandball hat es schwer, in Berlin die nötige Aufmerksamkeit zu bekommen. Schon vor knapp zwei Jahren standen die Spreebirds finanziell vor dem Aus. Damals sprang zwar ein Sponsor ein, der Etat musste aber auf 130.000 Euro heruntergeschraubt werden. Sportlich waren damit keine Höhenflüge mehr machbar. Dennoch schien alles wieder seinen gewohnten Gang zu nehmen. Doch jetzt folgte der nächste Nackenschlag – und diesmal ist die Situation weit prekärer.
Immerhin: Die laufende Saison wird auf alle Fälle zu Ende gespielt, und auch die nächste wird mit den Spreebirds stattfinden, ließen die Verantwortlichen verlautbaren. Die Lizenzunterlagen wurden fristgerecht eingereicht, und man geht auch davon aus, dass man die Lizenz bekommen wird. Aber wie die neue Saison aussehen wird, ist noch unklar. Bisher haben die Spielerinnen ihre Gehälter immer bekommen, aber drei Monate stehen ja noch aus. Trotzdem sollen sie möglichst auch in diesem Zeitraum entlohnt werden. „Das ist wichtig, sonst laufen uns auch noch die Spielerinnen weg, und dann wären wir wirklich tot“, so Eschenbach. Der jetzige Kader, der vornehmlich aus Eigengewächsen besteht und einen Altersdurchschnitt von 20 Jahren hat, soll gehalten werden. Zudem wollen sie noch Verstärkungen holen. Denn trotz der Misere wollen sie ihre Pläne, langfristig den Aufstieg in die Erste Liga anzustreben, nicht aufgeben. „Das klingt in unserer jetzigen Situation natürlich komisch“, weiß auch Eschenbach, „aber wir müssen potenziellen neuen Partnern auch eine Perspektive bieten.“ Doch wenn es finanziell nicht bergauf geht, wird es diese Perspektive nicht geben. „Wir können im Moment nur bis 2009 planen. Dabei würden wir gern einige Talente langfristig binden. Aber würden wir im Moment längerfristige Verträge machen, wäre das Harakiri“, sagt Handball-Abteilungsleiter André Schünke.
Dennoch sind sie in Lichtenberg optimistisch, die Krise bewältigen zu können. „Wenn es richtig eng wird, reißen sich alle vielleicht mal zusammen, und die Krise kann auch ein Weckruf sein“, hofft Schünke. Derzeit laufen zahlreiche Gespräche mit möglichen neuen Partnern. „Grund zur Entwarnung gibt es aber nicht, da noch nichts unterschrieben wurde“, so Eschenbach. Es steht ein harter Sommer bevor. „Wir wollen natürlich alles möglichst schnell klären, aber bis zum Herbst wird sich dieser Prozess wohl noch hinziehen“, so Schünke. Immerhin werden die Spreebirds dann höchstwahrscheinlich weiter in der Zweiten Liga aktiv sein. NICOLAS SOWA