: Wer hat Angst vor der Konferenz?
Die schwarz-grünen Schulpläne sorgen für Aufregung: Eltern fühlen sich entmündigt, weil es nach Klasse 6 keine freie Schulwahl gibt. Lehrer befürchten dagegen, dass die frühe Selektion durch die Hintertür wieder eingeführt wird
Offiziell wird die schwarz-grüne Koalition erst am Donnerstag ihre Schulpläne verkünden. Doch ein vorab bekannt gewordenes Papier zur sechsjährigen Grundschule und die darauf folgende Berichterstattung versetzt schon jetzt Eltern in Panik. Sie fühle sich entmündigt, diktierte eine Mutter aus Harvestehude den Reportern des Hamburger Abendblatts in den Block. Denn künftig werde die Zeugniskonferenz der Schule entscheiden, ob ein Kind nach der 6. Klasse aufs Gymnasium darf oder nicht.
Nur gab es diese Wahlfreiheit auch bisher nicht. Eltern konnten zwar nach Klasse 4 ihr Kind auf ein Gymnasium schicken, selbst wenn es keine Empfehlung hatte. Doch am Ende von Klasse 6 entscheidet auch bisher das Zeugnis über den Verbleib. Hatte ein Kind in den drei Hauptfächern die Note fünf, musste es sogar direkt auf die Hauptschule wechseln. Wenn es nun aber künftig neben dem Gymnasium nur noch die Stadtteilschule gibt, die das Abitur nach 13 Jahren anbietet, verbessert sich die Perspektive für diese Kinder gegenüber dem Status quo.
Es soll die CDU gewesen sein, die das Elternwahlrecht nach Klasse 6 nicht wollte, weil man dann ja gleich „die Schule für alle“ habe. Unter Pädagogen gilt dieses Elternrecht aber ohnehin als problematisch. „Ich sähe die Gefahr, dass sich die Selektion verstärkt“, sagt beispielsweise die Allermöher Schulleiterin Angelika Fiedler. Eltern mit hohem Bildungsabschluss würden ihr Kind aufs Gymnasium schicken, während Arbeitereltern sich an den Rat der Schule hielten.
Für Unruhe in der Lehrerschaft sorgt aber ein anderes Detail. In so genannten „Langformschulen“ soll es künftig auch Gymnasien mit integrierter Grundschule geben (taz berichtete). Und es soll geteilte Grundschulen geben, bei denen die Klassen 4 bis 6 bereits am Standort der weiterführenden Schule untergebracht sind.
Der Farmsener Gesamtschulleiter Pit Katzer befürchtet deswegen eine noch frühere Selektion. „Die Ober- und Mittelschichtseltern werden ihre Kinder an Primarschulen anmelden, die ab Klasse 1 oder 4 am Gymnasium geführt werden“, sagt er. Der einzige Weg, dies zu vermeiden wäre, wenn wieder das Prinzip der Bezirksgrundschule gelte, das Kindern eine Schule in Fußwegnähe zuweist.
So genannte Vorklassen an Gymnasien gab es zur Kaiserzeit – seit der Weimarer-Republik sind sie allerdings verboten. Das weiß man auch bei den Grünen. So etwas sei aber nicht geplant, da die Gymnasien sich die Schüler nicht aussuchen dürfen, heißt es aus GAL-Kreisen. „Die müssen jeden aufnehmen, der in der Nähe wohnt.“
Sollte es mehr Anmeldungen als Plätze geben, gelte „klar das Wohnortprinzip“. KAIJA KUTTER