: Röwekamp hämmert
Die CDU warnt vor der Abschaffung des Gymnasiums in Bremen. Mit einer Kampagne will sie den Widerstand erzeugen, der die Schulform noch retten soll. Rot-Grün weist das als Panikmache zurück.
von Felix Zimmermann
Ganz geheuer scheint Thomas Röwekamp diese Aktion nicht zu sein. Der Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion mit einem Vorschlaghammer mitten in Bremen – oh weh, „werde ich verhaftet, wenn mich die Polizei so sieht“, fragt er, aber es hilft nichts, da muss er durch. Schließlich hat er das „Projekt Hammer“ initiiert. Wenige Augenblicke später schlägt er zu, immer feste drauf, bis das gelbe Schild im schweren Erdreich der Wallanlagen steckt, direkt gegenüber der CDU-Zentrale.
Röwekamps Hammerschläge sind der Auftakt zu einer Kampagne, die so CDU-untypisch guerillahaft ist, dass man sich wundert, wie weit es mit dieser ansonsten so ordentlichen Partei gekommen ist. Das Schild ist das Signet der Kampagne, wie auf einem Ortsschild steht dort „Bremen“, darunter die Botschaft, die die CDU ins Volk tragen will: “Gymnasien-Schutzgebiet“.
Röwekamps CDU behauptet, die rot-grüne Koalition wolle das Gymnasium abschaffen, verschweige es aber den Bürgerinnen und Bürgern. Nur starker, von der Bevölkerung getragener Widerstand könne das noch verhindern. Um den anzukurbeln, hat die CDU Billigtaschen aus China mit dem Schildmotiv herstellen lassen, die mit sich herumtragen soll, wer vor dem Untergang des Gymnasiums warnen will. Ebenso wurden Aufkleber mit dem Schildmotiv samt Unterstützerpostkarte an 60.000 Haushalte in Bremen und Bremerhaven verschickt. Die Aufkleber seien vor allem für Fahrräder derer gedacht, die morgens (nach CDU-Meinung noch) fröhlich ins Gymnasium radeln und das auch in Zukunft noch tun möchten.
Röwekamp sagt, Hinweise hätten sich verdichtet, „dass die rot-grüne Koalition das Gymnasium abschaffen will“. Das Wort „Gymnasium“ komme im Koalitionsvertrag nicht vor, in Debatten würden es Koalitionsmitglieder auch „nicht in den Mund nehmen“. Außerdem lege der Koalitionsvertrag die „Schule für alle“ fest, in der alle Kinder unabhängig von ihren Fähigkeiten von der ersten bis zur zehnten Klasse zusammengefasst würden. Die SPD versuche das durch die Bezeichnung „Gymnasium für alle“ zu verschleiern. Das sei die Abkehr von jenem Gymnasium, dessen sich die CDU jetzt annimmt. Diese Schulform sei in einem gegliederten Schulsystem nun einmal diejenige, in der wissenshungrige Kinder am besten gefördert werden könnten. Wer das Gymnasium abschaffe, verhindere gezielte Förderung.
Von den Regierungsparteien kamen sogleich deutliche Zurückweisungen der Röwekamp’schen Kampagne zur Rettung des Gymnasiums. Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion in der Bürgerschaft, Mustafa Güngör, sagte, Thomas Röwekamp „lügt, wenn er behauptet, die Bremer Gymnasien sollen abgeschafft werden“. Die CDU wolle Eltern, Lehrer und Schüler „mit unglaublich billigem Populismus“ verunsichern. Derzeit werde im Fachausschuss Schulentwicklung über das Schulsystem in Bremen beraten, dabei sei „eine Verlängerung des gemeinsamen Lernens von verschiedenen Bildungsexperten befürwortet worden“. Diese Experten seien, so Güngör, auch von der CDU benannt worden.
Die bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Anja Stahmann, warf der CDU vor, sie habe in den Sitzungen des Ausschusses „nicht aufgepasst. Sonst wüsste sie, dass die Gymnasien erhalten bleiben.“ Einer inhaltlichen Debatte über eine Verbesserung der Bremer Schulen verweigere sich die CDU und beharre auf einem System, das Kinder aussortiere.