: Visionsfrei und ziemlich preiswert
Weitermachen wie bisher: In puncto Kultur verharrt Schwarz-Grün im Bekannten. Die Elbphilharmonie bleibt Wahrzeichen mit wenig Geld für Konzerte. Tamms Maritimes Museum allerdings wird neuerdings totgeschwiegen
Es ist eine interessante Absichtserklärung, die die Koalitionäre da in puncto Kultur zusammengestellt haben. Von Kulturvermarktung, von wichtigen Konzertsälen, von Zugänglichkeit für alle ist die Rede: Fast sozial klingt streckenweise, was Schwarze und Grüne zu Papier gebracht haben.
Wer aber genauer hinsieht, wird enttäuscht. Da schwärmt man vom „wichtigen Zeichen“ Elbphilharmonie. Von einem Haus, dessen Konzerte für alle zugänglich, sprich: bezahlbar sein sollen. Über entsprechende Subventionen schweigt man sich aber aus. Auch die Unart, Entscheider wie den Elbphilharmonie-Intendanten zwar von außen zu berufen, sie dann aber strukturell mit Fakten – einem bereits ernannten Residenzorchester etwa – zu konfrontieren, scheint in solch lapidaren Formulierungen durch. Eine Erhöhung der Mittel zur hochkarätigen Bespielung des Konzerthauses versprechen die Koalitionäre nicht; soll der Intendant doch sehen, wie er – immer schön in Konkurrenz zu privaten Konzertveranstaltern – renommierte Orchester in die Stadt holt.
Auch zur Museumsreform käut man Bekanntes wieder. Weder inhaltlich noch terminlich legt sich der Vertrag auf eine Überprüfung des umstrittenen Zusammenschlusses der vier stadthistorischen Museen fest. Aktionismus anstelle echter Reform soll wohl auch in Zukunft genügen.
Geld wird vielmehr da fließen, wo es nicht so weh tut: für die Geschichtswerkstätten, denen man durch eine Zustiftung helfen will. Schwarz-Grün hat versprochen, die Stadtteilkultur zu stärken, zur genaueren Definition eines kulturell lebendigen Stadtteils lässt man sich aber nicht hinreißen – dabei wäre dringend die Subkultur zu unterstützen und die Verdrängung etwa von Künstlerhäusern aus aufzuhübschenden Stadtteilen zu verhindern. Hier aber will man die Künstler weiter wursteln lassen; vielleicht fällt denen ja selbst ein, wie sie den Verkauf ihrer Grundstücke an Investoren abwenden können.
Das Überraschendste aber: Kein Wort widmet das Papier dem „Internationalen Maritimen Museum“ Peter Tamms, dem viel beschworenen Touristenmagneten. Kein Wort findet sich zu Eröffnungszeitpunkt und Verbleib der 30 vom Senat investierten Millionen. Dabei hat Hamburg das Museum sowohl auf der Berliner Tourismusausstellung ITB als auch auf der Internationalen Bauausstellung IBA immer wieder als zentralen „Leuchtturm“ beworben. Anscheinend trauen die Koalitionäre den Plänen angesichts der intransparenten Politik Peter Tamms nicht mehr so recht.
Da ist es leichter, ein nicht näher definiertes Musikfestival anzukündigen, das jährlich oder zweijährlich stattfinden soll; von eventuellen Überschneidungen mit der gleichfalls geplanten Triennale ist keine Rede. Wenn man bedenkt, wie planlos die Triennale der Photographie vor sich hindümpelt, wird klar: Man avisiert abermals ein Festival, das bloßes Label ist.
Für die Theater fehlt gleichfalls jede Vision: Dass die Evaluation der Privattheater Basis für die künftige Förderung sein soll, war bereits bekannt. Eine Neusortierung der Staatstheater-Landschaft und ihrer immer noch voneinander abweichenden Subventionen ist der Koalition wohl zu heiß.
Doch man soll nicht nur nörgeln: Das Dokumentarfilmfestival wird künftig gefördert, und die lesbisch-schwulen Filmtage sollen sogar mehr Geld bekommen. Man will die Lizenzvergabe an nichtkommerzielle Sender sichern und das Weiterleben des Metropolis-Kinos.
All dies ist wichtig und richtig. Doch dies sind Peanuts angesichts struktureller Defizite der Hamburger Kulturszene – wobei man sich natürlich fragen kann, ob dieses Papier für Hamburger Verhältnisse nicht recht beachtlich ist. Denn auch das Marketing soll besser vernetzt werden. Wenn man bedenkt, dass das Hamburg-Marketing ursprünglich die Kultur ganz vergessen hatte, ist das schon viel.
An der Tatsache, dass dieser Koalitionsvertrag keine Visionen, dafür aber viel Zeichenhaftes und wenig Geld für die Kultur bedeutet, ändert das nichts. Und dass die Kultursenatorin künftig Kultur, Sport und Medien in einem betreuen soll, könnte ihre Konzentration auf kulturelle Belange empfindlich stören.
PETRA SCHELLEN