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Archiv-Artikel

Rein-Raus

Der Jahreszeiten-Speed

Vielleicht einfach mal das grad zu Erde verrottende Laub in die Hand nehmen, die Katze streicheln und die Steuererklärung machen. So dachte ich, könne man den ankriechenden Frühlingswahnsinn unter Kontrolle bekommen. Und fuhr weiter viel zu schnell Fahrrad, ohne richtig sehen zu können. Ich aß extra wenig und hektisch, um die Wirkung des Jahreszeiten-Speeds noch ein wenig zu steigern und vor meinen Mitbewohnern angestrengt künstlich zu unterstreichen. Im Stillen wurden Lieder mit Botschaften besetzt und mit Drama-Augen mitgesungen.

Der Computerbildschirm hatte eine extra Hülle um sich, für die Fantasie-Reflektionen, die aus mir raus und wieder rein kamen, immer den Weg des Kreislaufs nehmend.

Konzentrieren hätte nicht so viel Spaß gemacht. Der leichte Schwindel vermischte sich am Abend angenehm mit dem Magenschmerz, ein Gefühl, das man so hervorragend betäuben konnte. Schnaps stürzen für die Schwere im Magen.

Das Hotel in der Mariannenstraße wurde mit frischen, weißen Blumen geschmückt und ich wünschte mir, dass es ein echtes Hotel wäre, in dem am späten Nachmittag gelbes Licht auf dem Boden steht. Wo man Schlüssel abgeben kann und neue Geschichten abholen, weil Fiktion ja auch keinen Spaß macht. M. stand plötzlich vor mir und sah anders aus als noch vor Jahren. Wir schrien auf der Straße vor Freude, weil N. mit 30 nun den besten Sex ihres Lebens hatte und weil B. eine Antwort auf seine E-Mail an das Mädchen bekommen hat. Ich schrie, weil die Hoffnung noch nicht verloren ist. Weil es spannend bleibt, die Uhren sich drehen und mir wieder eingefallen war, dass man einfach auch ins Auto steigen kann. LAURA EWERT