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Archiv-Artikel

Böhrnsen beklagt Berliner „Wunschdenken“

Föderalismuskommission II tritt auf der Stelle. Oettinger und Struck wollen erst im Juni ihre „Eckpunkte“ vorlegen

Von kawe

„Das ist keine realistische Perspektive, das ist Wunschdenken“ – mit diesen Worten hat Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) bei der gestrigen Sitzung der Föderalismuskommission die Position des Bundes und von Berlin und Bayern zurückgewiesen. Diese sind der Auffassung, dass Bremen selbst seine Haushaltslage in den Griff bekommen könnte, wenn es nur seine Sparanstrengungen verstärken würde. Die Gegner einer weiteren Hilfe für Bremen hätten „in einer Excel-Tabelle die Ausgangswerte so verändert, dass das gewünschte Ergebnis herauskommt“, sagte Böhrnsen.

Mit seiner Rede konnte er Vertreter des Bundes, von Berlin und Bayern allerdings nicht überzeugen. Nach der zweistündigen Sitzung in Berlin erklärten die beiden Vorsitzenden der Föderalismuskommission, Günther Oettinger (CDU) und Peter Struck (SPD), dass sie erst am 26. Juni ihre angekündigten „Eckpunkte“ für eine Schuldenbremse in den öffentlichen Haushalten präsentieren wollen. Bis dahin hatte es geheißen, das Papier solle noch im Mai vorliegen. Die parlamentarische Beratung soll gar erst nach der bayrischen Landtagswahl im September stattfinden.

Während unter Politikern die Erwartungen an die Föderalismusreform möglichst niedrig gehängt werden, entwickeln Wissenschaftler weit reichende Reformpläne. Im Auftrag der Handelskammern von Bremen, Hamburg und Berlin hat der Kölner Finanzwissenschaftler Wolfgang Kitterer ein weiteres Mal seine Vorschläge für eine Reform der Finanzverteilung präsentiert. Kitterer plädiert in seinem Gutachten für mehr Wettbewerbsföderalismus: Nicht mehr die Einwohnerzahl und die Ausgaben der Länder für Bildung, Gesundheit und Sicherheit pro Kopf der Bevölkerung soll ihm zufolge der Maßstab der Finanzverteilung sein, sondern das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Bremen würde von einem solchen Modell stark profitieren.

„Die Reformvorschläge der Handelskammer lösen kein einziges Bremer Problem“, konterte gestern der finanzpolitische Sprecher der Linken, Klaus-Rainer Rupp. Denn die Ausgleichsmechanismen im Länderfinanzausgleich kompensieren die Pendler-Problematik. In Stadtstaaten zählt zudem jeder Bewohner mit dem Faktor 1,35 – mehr käme bei einer Verteilung nach Bruttoinlandsprodukt auch nicht heraus, sagt Rupp. „Wenn Bremen ,vor Kitterer‘ arm und pleite war, ist es auch ,nach Kitterer‘ arm und pleite.“ Fraktionssprecher Peter Erlanson meinte, die von der Handelskammer vorgestellten Reformvorschläge sollten nur die „Fortsetzung der sinnlosen Investitionspolitik der Großen Koalition“ rechtfertigen: „Geld ausgeben, um einen höheren Steueranteil zu bekommen. Das hatten wir schon.“ kawe