berliner szenen Feuchte Ecken

Staumeldung im Test

Eine Freundin von mir sagt bei einem Berliner Radiosender die Verkehrsnachrichten an. Es ist lustig, wenn ihre Stimme ganz seriös aus dem Äther kommt. Denn sie ist eine bisweilen sehr alberne Person.

Neulich las sie eine Blitzermeldung über einen Ort in Berlin vor, von dem ich noch nie gehört hatte: „Und dann haben wir noch eine Blitzermeldung am feuchten Winkel.“ Ich hab mich weggeschmissen vor lachen. Weil ich wusste, dass sie sich normalerweise auch über solche Sachen kaputtlacht, schickte ich ihr eine SMS, um ihr mitzuteilen, dass ich mich köstlich über ihren feuchten Winkel amüsiert habe.

Wenige Tage später erzählte sie mir, wie schwer es ihr gefallen war, die Contenance zu wahren. Nachdem alle Welt dank Charlotte Roche nun weiß, was Feuchtgebiete sind, fragten wir uns, ob es diesen feuchten Winkel überhaupt gibt. Und ich fragte mich, ob die Angaben der Anrufer über Staus und Blitzer überprüft werden. Nach einem Blick in den Stadtplan fand ich am S-Bahnhof Pankow-Heinersdorf tatsächlich die Straße „Am Feuchten Winkel“.

Als meine Freundin wieder die Verkehrsnachrichten sprach, munitionierte ich mich mit einem weiteren Feuchtgebiet, das ich extra recherchiert hatte, und machte eine Probe aufs Exempel. Ich rief beim Verkehrsfunk des Senders an und hinterließ eine Meldung auf Band. „Ich möchte einen Blitzer in der Gustav-Adolf-Straße in Weißensee melden, gegenüber der Gaststätte Feuchte Ecke.“ Ich fand das saukomisch. Stündlich wurden die neuesten Stau- und Blitzermeldungen gebracht. Doch meine feuchte Ecke war auch nach 5 Stunden nicht dabei. Ich war ziemlich sauer. Später erzählte mir die Freundin, dass nur Straßennamen gemeldet werden. BARBARA BOLLWAHN