: Dirty Wiese tritt Werder an die Fleischtöpfe
Beim 1 : 0 im Nordderby kamen die Bremer mit Gift zum Erfolg. Dem HSV ist das ganz große Geld entgangen
Werder-Trainer Thomas Schaaf ist ein ehrlicher Mann. Deshalb räumte er nach dem 1 : 0-Erfolg beim HSV ein, seine Mannschaft habe „mächtig unter Druck gestanden“ und den „mit viel Glück überstanden“. Wichtig sei es gewesen, „dass wir bereit waren, alle Wege zu gehen“. Dazu gehört dann wohl auch der Weg des Torwarts Tim Wiese, der an der Torlinie zunächst zögerlich begann und knapp hinter der Strafraumgrenze auf der Schulter des Hamburgers Ivica Olić endete.
Um Haaresbreite hatte der Keeper das Gesicht des Kroaten verfehlt und ist damit ein heißer Anwärter auf die Toni-Schumacher-Gedenkmedaille. Wie jener einst gegen den Franzosen Battiston, kam Wiese im Stile eines Kung-Fu-Kämpfers geflogen. Entschuldigen wollte er sich auch hinterher nicht: „Wofür? Ich hab doch zuerst den Ball getroffen“, behauptete der Attentäter wahrheitswidrig und machte das Opfer verantwortlich: „Er muss da ja nicht hingehen.“ Schiedsrichter Wagner zeigte nur die gelbe Karte.
Schon zuvor hatten die Bremer Jensen und Baumann Gelb gesehen. Und für die Sense von Rosenberg kurz danach hätte es auch Rot sein können.
Der SV Werder fand sich in einer ungewohnten Rolle wieder: Ständig unter Druck, kamen die Bremer fast immer einen Schritt zu spät. Der HSV dagegen machte mit einer taktischen Variante das beste Spiel der Rückrunde. Rafael van der Vaart durfte endlich wieder hinter den Spitzen Olić und Guerrero spielen – und war nicht zu halten. Wer es dennoch versuchte, sah meist Gelb. Oder sogar Gelb-Rot, wie der als besonnen geltende Werder-Kapitän Frank Baumann. Da war noch eine halbe Stunde zu spielen, die für die Bremer zu einer Nerven aufreibenden Abwehrschlacht wurde. Bester Mann: Tim Wiese, den Extremsituationen zusätzlich zu motivieren scheinen. Er stemmte sich allen Versuchen entgegen, Almeidas schnörkellosen Winkeltreffer aus der 50. Minute noch auszugleichen.
Dass schließlich auch noch der brave Jurica Vranjes vom Feld musste, weil er Timothée Atouba mit einem Streichler zu einer schülertheaterreifen Fallübung eingeladen hatte, macht das Derby für Werder denkwürdig: So viele Karten hat es lange nicht gegeben. Die wichtigste Erkenntnis für Trainer Schaaf ist, dass sein Team auch in Drecksack-Manier gewinnen kann, statt in Schönheit zu sterben.
Die Frage nach der Vorherrschaft im Norden ist damit einmal mehr zu Gunsten der Bremer geklärt. Für die Geschäftsführer viel wichtiger: Werder kann nun nicht mehr schlechter abschneiden als auf Platz drei, der zur Qualifikation für die Champions League berechtigt. Es winken Einnahmen in Höhe von rund 20 Millionen Euro. Der HSV hat die zwar verpasst, kann aber immer noch in den Uefa-Cup einziehen. DIRTY JANK