piwik no script img

Archiv-Artikel

Zerfließende Städte

Am Mittwoch spricht der Stadtforscher Edward Soja über Los Angeles und die Zukunft des „Urban Sprawl“

Edward Soja lehrt an der University of California in Los Angeles Stadtplanung und urbane politische Geographie und Ökonomie. Ende der 80er ist er mit „Postmodern Geographies“ angetreten, jene in den Sozialwissenschaften bis heute dominante Tendenz zu bekämpfen, die Humangeographie lediglich als eine Art reflektierenden Spiegel aufzufassen, oder, wie Marx es nannte, eine „unnötige Komplikation“. Beginnend mit einer Kritik des Historizismus, baut Soja unter anderem auf den Arbeiten Foucaults, Bergers, Giddens’ und vor allem Henri Lefebvres auf und macht sich für einen neuen historisch-geographischen Materialismus stark: für ein radikales Neudenken der Dialektik von Raum, Zeit und sozialem Sein, der „Trialektik der Räumlichkeit“.

Vertieft hat Soja den Gedanken in den folgenden Büchern seiner Trilogie. In „Thirdspace“ reist er 1996 auf der Suche nach „anderen Räumen“ durch L. A. und andere „real-and-imagined places“ und versucht ein „sich konstant verschiebendes und veränderndes Milieu von Ideen, Ereignissen, Erscheinungen und Bedeutungen“ zu fassen. In „Postmetropolis“ hat Soja schließlich seine Arbeit zur kritischen Theorie des Urbanen zusammengefasst. Er liefert einen Überblick über die historische Rolle von Städten und beschreibt sechs Verkörperungen von „Postmetropolis“: das postfordistische Metropolis: die neue territoriale Unterteilung der Arbeit und die räumliche Organisation der flexiblen Produktion, Cosmopolis: die Globalisierung und die Debatten um die Weltstadt, Exopolis: die post-konzentrische Morphologie der Städte, die fraktale Stadt: die ethnische und sozialen Mosaike der Städte, die Kerkerstadt: die intensiv und selektiv kontrollierten Räume des alltäglichen Lebens, und schließlich Sim City: die zunehmende Rolle von Symbolen und Bildmanipulation als Tools urbanen Managements.

Die Geographie der südkalifornischen Megacity übernimmt dabei die Rolle eines Modells für den zeitgenössischen Kampf um die Kontrolle über die soziale Produktion des Raums.

Am Mittwoch spricht Edward Soja in der Reihe „Metropolen jenseits der Megacities“ über Los Angeles und die Zukunft der Zersiedelung, Ausweitung und Reorganisation des urbanen Raums.ROBERT MATTHIES

Mi, 14. 5., 19 Uhr, Bucerius Law School / Audimax, Jungiusstraße 6