: „Community Gardening“
Seit 30 Jahren entstehen überall in New York City wie überall in Nordamerika Community Gardens, also Nachbarschaftsgärten, die von kleineren oder größeren Gruppen von Anwohnerinnen und Anwohnern gemeinsam bewirtschaftet werden. Die entsprechenden Grundstücke hatten häufig Einzelhausbesitzern gehört, deren Nachkommen in andere Landesteile gezogen waren und die das Interesse an dem Haus verloren hatten, nachdem zeitweilige Mietpreisbindungen und Schrumpfungsprozesse nicht mehr genügend Rendite eingebracht hatten. Wenn ein solches Haus dem Verfall preisgegeben wurde und drei Jahre lang keine Grund- und Bodensteuer mehr gezahlt worden waren, fiel das Grundstück an die Stadt. Nachdem leer stehende Häuser oftmals angezündet worden waren, hatte die Kommune die Ruinen aus Sicherheitsgründen abtragen lassen. Die so entstandenen Brachen waren schnell vermüllt worden. Vor allem in verarmten Stadtteilen, wo die Kommune – irgendwo muss man ja sparen – kaum noch die Straßenreinigung hinschickte.
Daraufhin begannen zuerst in der Lower East Side, in der Nähe von Tompkins Square im südlichen Manhattan, Künstlerinnen und Aktivistinnen ein Grundstück und dann bald immer mehr Grundstücke zu entmüllen und zu bepflanzen. Heute findet sich die höchste Dichte von Community Gardens hier in der Südostbacke von Manhattan. Community Gardens sind von Anwohnern gemeinschaftlich auf innerstädtischen Brachen angelegte Gärten. Sie haben erheblich dazu mit beigetragen, dass sich die Lower East Side wieder zu einer charmanten Gegend gemausert hat. Und das leider so sehr, dass eine solche Gegend von den Investoren wieder entdeckt wird, die nun ausgerechnet in jenen Straßen, aus denen dank Gemeinschaftsgärten Vandalismus und Drogenkriminalität verschwunden waren, bauen wollen. Am besten gleich auf dem von den Nachbarschaftsgärtnern bereits „gerodeten“, sprich: entmüllten Grundstücken…
Negative Rückkopplung
„11.000 leere Grundstücke – aber nur 800 Community Gardens!“, stand auf den Protestschildern, mit denen zahlreiche Community Gardeners vor dem Rathaus von New York City 1998 gegen die Politik des damaligen Bürgermeister Giuliani protestierten. Sie wollten nicht einsehen, dass ausgerechnet die ca. 800 Grundstücke, auf denen Community Gardens liegen, für den Hausbau an Investoren verkauft werden müssen. Denn es gibt über 11.000 weitere leere Grundstücke, „vacant lots“, die auch der Stadt gehören. Der Bürgermeister hatte damit begonnen, die Grundstücke von Nachbarschaftsgärten, die in Quartieren lagen, an denen die Bauindustrie wieder Interesse bekam, als Bauland zu verkaufen.
Auf den Protest hin erließ der Generalstaatsanwalt eine einstweilige Verfügung, der zufolge es der Stadt New York nicht mehr gestattet war, Gemeinschaftsgärten ohne vorherige Umweltgutachten zu zerstören. Aber nur ein Teil der Community Gardens in der 8-Millionen-Stadt waren dadurch geschützt. Daher entstanden die New York Garden Coalition und ähnliche Initiativen, denen es tatsächlich gelang, in vergleichsweise kurzer Zeit 4,2 Millionen Dollar zusammenzubringen, darunter allein 1,2 Millionen von der Schauspielerin Bette Midler. Mit diesem Geld konnten im Mai 1999 in letzter Minute 114 Community Gardens gekauft werden – unmittelbar vor ihrer bevorstehenden Versteigerung an Investoren. Aber das waren nur wenige von vielen. Die anderen Nachbarschaftsgärten mussten und müssen also auf anderem Wege gerettet werden. „Reclaim the Commons“: Fordert die Rückgabe der Allmende, empfiehlt der kalifornische Landschaftsarchitekt Karl Linn den Gartenaktivisten. Es geht nicht anders, als den Kampf um die sozial und ökologisch verträgliche Bodenverwendung aktiv aufzunehmen. Wieder und wieder müssen die Nachbarschaftsgärtner ihre Grundstücke gegen die Gier der Investoren verteidigen. Immer wieder müssen sie die „Stadtväter“ daran erinnern, dass Appelle an den Gemeinsinn der Bürger nichts fruchten, wenn die Früchte der unentgeltlichen Arbeit derjenigen, die in vorbildlicher Weise grüne Oasen in ihrer Nachbarschaft einrichteten und seid Jahren unterhalten, willkürlich der Boden- und Bauspekulation geopfert werden. ELISABETH
MEYER-RENSCHHAUSEN