kabinenpredigt
: An der Netzkante

Weltklassetennis an der Hundekehle, das hat sich schon immer etwas merkwürdig angehört. Als aber einst Steffi Graf an dem so benannten Ort im Grunewald bei den German Open antrat, blieb auf der Tennisanlage des LTTC „Rot-Weiß“ selten ein Platz unbesetzt.

Mittlerweile wird an der Hundekehle die „Qatar Telecom German Open“ ausgetragen, was noch seltsamer klingt. Daran hat es aber gewiss nicht gelegen, dass selbst beim Finale am Sonntag, das Dinara Safina gegen Elena Dementieva mit 3:6, 6:2, 6:3 gewann, noch 1.000 Eintrittskarten zu haben gewesen wären.

Der Grund hierfür ist offensichtlich: Dem Publikum fehlt es an einer Bezugsperson à la Steffi Graf. Da kann eine Autogrammstunde „mit der schönen Tschechin“ Nicole Vaidisova per Lautsprecher noch so marktschreierisch angepriesen werden, den wenigsten der deutschen Sportfans sagen die Namen der Szene noch etwas. Dabei war das Teilnehmerfeld hochklassig besetzt. Sieben der zehn weltbesten Spielerinnen traten in Berlin an.

Sabine Lisicki, die Lokalmatadorin und Nummer 102 der Weltrangliste, konnte die Rolle des deutschen Zugpferdes nicht übernehmen, auch wenn die verzweifelten Veranstalter ihr diese Bürde vor Turnierbeginn übertrugen. Immerhin besiegte Lisicki in der ersten Runde die Nummer 16 der Welt. Im zweiten Spiel versagten der 18-Jährigen trotz einer komfortabler Führung und eines Matchballs gegen eine weitere Top-25-Spielerin aber die Nerven.

Die Zukunft des Turniers wird seit einigen Jahren schon traditionell infrage gestellt. Aber nun mehren sich die düsteren Anzeichen dafür, dass das Ende naht. Nächstes Jahr rückt die German Open aufgrund einer Spielplanreform zeitlich noch enger an die French Open heran. Spitzenspielerinnen, so befürchtet man, werden sich vor dem großen Turnier in Paris nicht mehr belasten wollen.

Schon jetzt beklagt der Tennisverband aus Qatar, der im Jahre 2004 den klammen Deutschen die German Open abkaufte, das mangelnde Engagement deutscher Sponsoren. Sollte aber das Teilnehmerfeld der German Open an Qualität verlieren, werden sich die Gönner aus der Wirtschaft gewiss noch weiter zurückziehen. Ab 2010 sind Qatars Tennisfunktionäre vertraglich nicht mehr an den Standort Berlin gebunden. Die Konsequenzen sind absehbar. JOHANNES KOPP