Döner-König unter Gammelfleisch-Verdacht

Prozessauftakt gegen den Döner-Großproduzenten Remzi Kaplan, bei dem 2006 mehrere Tonnen halb vergammeltes Fleisch gefunden worden sind. Mit eigenen Gutachten hat er versucht, die Vorwürfe zu entkräften

Liebhaber von Dönern sollten an dieser Stelle nicht weiterlesen: Am Donnerstag beginnt der Prozess gegen Remzi Kaplan, den größten Dönerproduzenten Berlins, vor dem Moabiter Kriminalgericht. „In erster Linie wird ihm die Lagerung von nicht mehr für den Verzehr geeignetem Fleisch vorgeworfen“, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Darüber hinaus soll er aus dem Ausland stammende Fleischlieferungen als regionale Ware umetikettiert sowie Urkundenfälschung bezüglich der Identität von Fleischlieferungen begangen haben.

Dem Unternehmer drohen theoretisch bis zu vier Jahre Haft, ein Strafmaß, das laut Staatsanwaltschaft allerdings nicht zu erwarten ist. Die Vorwürfe stehen mit zwei Ereignissen im Zusammenhang: Im September 2006 war im Weddinger Betrieb der Kap-lan GmbH bei Kontrollen des Bezirksveterinäramts aufgrund von Kundenbeschwerden verdorbenes Fleisch sichergestellt worden. Diese erste Razzia brachte fünf Tonnen sensorisch auffälliges und übel riechendes Fleisch zu Tage, so einer der Kontrolleure. Eine Analyse des Instituts für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen des Landes Berlin bestätigte eine zu hohe Anzahl Fäulniserreger. Wenig später schauten die zuständigen Behörden noch einmal beim Fleischverwerter vorbei – prompt wurde wieder knapp eine Tonne Kalbfleisch gefunden, mit derselben Belastung. In beiden Fällen ergab die mikrobakterielle Analyse, dass im Fleisch Pseudomonaden und andere Bakterien enthalten waren. Allerdings: Die beschlagnahmten Dönerspieße erreichten nicht den kritischen Warnwert, ab dem der Verkauf gesetzlich verboten ist. Sie wurden – so scheint es zumindest – mit Frischfleisch vermengt, um die mangelnde Qualität zu übertünchen. Laut Gesetz hätten diese Spieße damals in den Handel gelangen dürfen, wurden aber dennoch aus dem Verkehr gezogen, denn ein Verzehr wäre nicht unbedenklich gewesen.

Erst am 21. Dezember 2006 gelangten die Vorwürfe an die Öffentlichkeit, als Beamte des Landeskriminalamtes im Zuge der Ermittlungen gegen den Döner-König in seinen Geschäftsräumen Akten und Belege sicherstellten. Kaplan selbst beteuerte nach wie vor seine Unschuld. In einer öffentlichen Stellungnahme auf der Internetseite des Betriebes wehrte sich der Dönerproduzent kurz nach der Durchsuchung explizit gegen die Behauptung, dass mehrere Tonnen Fleisch beschlagnahmt wurden. Über seinen Anwalt ließ er erklären, dass „seinerzeit lediglich Fleisch sichergestellt wurde, um Untersuchen durchzuführen“. Zu den Vorwürfen der Gammelfleischeinlagerung selbst nahm Kaplan in Form von zwei amtlichen Gegenproben Stellung. Dass von ihm beauftragte Lebensmittellabor belegte dabei, dass es „keinen Grund zur Beanstandung gebe“ und die Verkehrsfähigkeit des Fleisches gewährleistet werden könne. Ob es sich bei dem untersuchten Fleisch um dasselbe handelte, das von den Behörden sichergestellt wurde, geht aus den Dokumenten nicht hervor.

Der Prozess steht vor dem Hintergrund des großflächigen Gammelfleisch-Skandals Anfang September 2006. Damals beschlagnahmten Lebensmittelkontrolleure auf einem Berliner Großmarkt 95 Tonnen verdorbene Ware. Wenig später weitete sich die Menge auf über 300 Tonnen aus, die nach Berlin geliefert wurden. Ein Zusammenhang mit den Funden in der Kap-lan GmbH soll nicht bestehen.

SIMON GARREIS