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Archiv-Artikel

Neokoloniales Bild

betr.: „Gute Reise!“, taz vom 13. 5. 08

Wozu die ganze Aufregung? Natürlich ist Venezuelas Präsident Hugo Chávez nicht unbedingt als Meister des diplomatischen Dialogs bekannt, doch hier wird er wieder einmal von Teilen der europäischen Presse unnötig hart in die Ecke gestellt.

Historisch ist es Faktum, dass die katholische Zentrumspartei, ein Vorläufer der heutigen CDU, Adolf Hitler zur Reichskanzlerschaft verholfen hat. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass Lateinamerikapolitik, Spanien einmal ausgenommen, von den europäischen Staaten zugunsten der USA sträflich vernachlässigt wurde, gewinnt die Polemik von Chávez einen ganz anderen Stellenwert. Wenn wir beispielsweise einen entlarvenden Kommentar der Augsburger Allgemeinen hinzuziehen, die Chávez polemische Zuspitzung, mit „Giftpfeilen“ vergleicht, die fortschrittsfeindliche Indios den freundlichen europäischen „Entdeckern“ entgegensandten, dann bietet sich uns ein neokoloniales Bild.

Europa hat sich in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert, was die Anprangerung der undemokratischen Verhältnisse in Lateinamerika anging. Das hätte unsere Bundeskanzlerin ruhig einmal erwähnen können, statt neoliberale Spalterpolitik zu betreiben. JÜRGEN SCHIERHOLZ, Bremen

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