nebensachen aus westafrika : Einmal Spätzle nach Försterinnen-Art
Wenn ich Heimweh nach Deutschland habe, dann gibt es in Westafrika ein paar probate Gegenmittel. Sollte ich gerade in Abidjan sein, der größten Stadt der Elfenbeinküste, dann schaue ich in der „Waldwirtschaft“ vorbei, auch kurz „Wawi“ genannt. Eine nette Kneipe mit blauweißen Wimpeln und Tischdecken. Dort treffe ich immer eine Handvoll deutscher Landsleute bei einem Bier aus der Heimat.
Im Restaurant „Berlin“ in Cotonou, im kleinen Benin kocht die Küche doch eher französisch als der preußische Name vermuten lässt – aber der Eigentümer kommt aus einer Region nördlich der Donaulinie. Weißwurst und Sauerkraut bekommt man dagegen in Cotonou im Restaurant „Neuer Biergarten“, gleich auf der anderen Seite der Lagune. Wenn ich in der ghanaischen Hauptstadt Accra bin, dann versuche ich die Kartoffelpuffer mit Apfelmus nicht zu verpassen, die in einer kleinen von einer Deutschen geführten Pension auf den Tisch kommen.
Aber nicht alles Deutsche in Westafrika muss durch den Magen gehen. Gern besuche ich auch die offiziellen Hüter deutscher Geisteskultur im Ausland, die Goethe-Institute. Ihre Häuser stehen in Abidjan, Accra, Lagos oder Lomé. In Lomé, der Hauptstadt Togos, gibt es überhaupt das größte Repertoire an deutscher Kultur. Jedes Mal, wenn ich die Küstenstraße in Lomé entlang fahre, bestaune ich die Zwillingstürme der Kathedrale, charakteristische deutsche Kolonialarchitektur. Vor einigen Jahren stellte ich Nachforschungen an, wo in Westafrika am meisten Deutsch gelernt wird. Und das war hier in Togo. Noch immer pauken jedes Jahr durchschnittlich 20.000 Schüler deutsche Grammatik, bei etwas über 6 Millionen Einwohnern. Togo war einst Schutzgebiet des deutschen Kaiserreichs. Und wenn ich gelegentlich mit betagten Togoern ins Gespräch komme, dann höre ich noch das Deutsch aus jenen Tagen. Mich fasziniert immer, welch positives Bild viele in der älteren Generation noch immer von Deutschland haben. Obwohl damals Ende des 19. Jahrhunderts dem Dorfchef Mlapa der Schutzvertrag vom kaiserlichen Konsul, Gustav Nachtigall, regelrecht aufgeschwatzt wurde. Und dann die deutsche Soldaten den Widerstand der Einheimischen brachen und der Aufbau Togos zur Musterkolonie mit Kaffee- und Kakaoproduktion begann.
Fast eineinviertel Jahrhundert später sitze ich im Restaurant „Alt München“, auch an der Küstenstraße von Lomé. Mir munden die Spätzle mit Champignon-Sahnesoße nach „Försterinnen Art“ genauso wie die hausgemachten Bratwürste meinem togoischen Tischnachbarn. Wenn ich Glück habe, gibt es auch mal ein Hefeweizen. Und sollte das gegen mein Heimweh immer noch nicht helfen und es ist gerade Weihnachtszeit, dann kann ich immer noch gleich nebenan im deutschen Seemannsheim den Schneemann aus Pappmaschee bewundern. HAKEEM JIMO