: Richter im Fall Condé nicht befangen
Obwohl er einen kritischen Artikel zum Fall Laya Condé schrieb, darf ein Richter den Brechmittel-Prozess zu Ende führen
Der Prozess gegen den Polizeiarzt Igor V. im Laya Condé-Fall muss nicht neu aufgerollt werden. Einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Bernd Asbrock lehnte das Landgericht am Mittwoch ab.
„Hauptstadt des organisierten Erbrechens?“ – mit diesem Zitat hatte Asbrock 2005 einen Artikel zur zwangsweisen Vergabe von Brechmitteln in der juristischen Fachzeitschrift verdikt überschrieben und diese Praxis „höchst zweifelhaft“ genannt.
Am 19. Mai hatte Erich Joester, der Verteidiger des wegen fahrlässiger Tötung angeklagten Polizeiarztes Igor V., deshalb Befangenheitsanträge gegen Asbrock und zwei beigeordnete Richterinnen gestellt. Den Beisitzerinnen warf Joester vor, den Text gekannt und als unproblematisch gewertet zu haben. Joesters Antrag zielte insbesondere darauf ab, dass Asbrock in dem Aufsatz geschrieben hatte, Condé sei „gewaltsam“ Brechmittel eingeflößt worden. Hiermit habe sich Asbrock vor Prozessbeginn öffentlich in seiner Wertung des Sachverhaltes festgelegt, bemängelte Joester. Einem Angeklagten sei „nicht zuzumuten, sich zu so einem Richter auf die Anklagebank zu setzen“, sagte Joester.
Gestern wies das Landgericht diese Auffassung zurück. Das zwangsweise Einflößen von Substanzen gegen den Willen des Einnehmende sei schon definitionsgemäß „gewaltsam“. Der Begriff stelle also keineswegs eine juristische Wertung dar, sondern vielmehr nur ein „Synonym“ für den Umstand der Erzwingung.
Im Übrigen habe sich Asbrock zwar sehr „engagiert“ und „pointiert“ geäußert. Dabei habe er jedoch eine zulässige „rechtspolitische Stellungnahme“ abgegeben und darin die Rechtslage problematisiert. Mit fast identischen Argumenten habe kurz darauf der Europäische Gerichtshof die zwangsweise Brechmittelvergabe verurteilt.
Das im Prozess zu untersuchende mögliche Fehlverhalten des Polizeiarztes im konkreten Fall tauche in dem Text nicht auf. Daher sei Asbrocks Aufsatz „nicht geeignet, seiner Unbefangenheit zu misstrauen“. Joester sagte, er werde nach Prozessende Revision beim Bundesgerichtshof einlegen. Christian Jakob