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Archiv-Artikel

Du darfst Dir kein freies Bild machen

Die Deutsche Presse Agentur berichtet nicht über das Flensburger Konzert von Herbert Grönemeyer, weil sie den Fotovertrag unakzeptabel findet, den ihr das Grönemeyer-Management als Bedingung für eine Presseakkreditierung vorgelegt hat

Im Fotoarchiv der Deutschen Presse Agentur (dpa) gibt es Herbert Grönemeyer in mehr als 200 Varianten. Grönemeyer, wie er Preise entgegennimmt, wie er am Klavier sitzt, wie er sich im Fußball-Stadion das Trikot des VFL Bochum überzieht, wie er mit Thomas Gottschalk bei „Wetten, dass...?“ plaudert. Und natürlich immer wieder Grönemeyer auf großen Open-Air-Bühnen, von vorne, von hinten, im Gegenlicht. Eigentlich hätte die Datenbank seit Mittwochabend um einige Grönemeyer-Bilder reicher sein sollen: Die dpa hatte vor, von Grönemeyers gestrigem Open-Air-Konzert in Flensburg zu berichten, handelte sich es sich bei dem Konzert mit den erwarteten 22.000 Besuchern doch um ein Großereignis für Flensburg und Umgebung.

Doch aus der angekündigten dpa-Berichterstattung wurde nichts. „Die Deutsche Presse-Agentur dpa berichtet wegen eines nicht annehmbaren Fotovertrages weder in Wort noch in Bild über das Flensburger Konzert des Musikers Herbert Grönemeyer an diesem Mittwoch“ vermeldete die Agentur einen Tag vor dem Konzert über den Nachrichtenticker. Problematisch ist das für alle jene Zeitungs- und Online-Redaktionen, die auf die Bilder der dpa oder den Text oder auf beides zugreifen hätten wollen: Bei ihnen wird das Grönemeyer-Konzert schlicht nicht stattfinden. Was eigentlich kein allzu großer Beinbruch ist, könnte man denken. Aber dennoch ein weiteres Beispiel liefert für einen schon länger währenden Konflikt zwischen Stars und Journalisten, bei dem es letztlich um das Thema Pressefreiheit geht.

Der fragliche Fotovertrag hätte geschlossen werden sollen zwischen dem Grönemeyer-Management und der dpa. Unakzeptabel war der Vertrag für die Nachrichtenagentur vor allem deswegen, weil er die Online-Verwendung der Bilder verboten habe und die Verfügbarkeit im dpa-Archiv zeitlich begrenzt hätte, sagt dpa-Sprecher Justus Demmer. Die dpa hätte die Auflagen weitergeben müssen an ihre Kunden, was den Bezug für manche Kundengruppen wie Online-Redaktionen unmöglich gemacht hätte.

Es ist eine Problematik, die die dpa „in Variationen immer wieder erlebt“, sagt Demmer: Superstars, beziehungsweise deren Management, erteilen Auflagen für die Fotoberichterstattung, die mitunter dazu führen, dass die Nachrichtenagentur ihren Plan, zu berichten, beerdigt. Mittlerweile käme das im Schnitt alle 14 Tage vor, sagt Demmer.

Für die Stars geht es dabei darum, Einfluss auf ihr – im Wortsinn – Image in der Öffentlichkeit zu nehmen. Was Grönemeyer davon hat, wenn die Konzertbilder von ihm nicht im dpa-Archiv landen? „Grönemeyer sagt: ‚Das ist eine Nachberichterstattung, die hat nicht ewig Relevanz‘“, sagt Frehn Hawel von der Konzertdirektion Karsten Jahnke, die das Konzert veranstaltet. Sprich: Die Fotos könnten Jahre später noch eingesetzt werden und Grönemeyer möchte keine veralteten Fotos von sich in den Medien sehen. So versteht es der Veranstalter, der zwischen dem Management und der dpa steht. Von Grönemeyers Sprecherin war am Mittwoch eine Stellungnahme nicht zu bekommen.

Allerdings wollte Grönemeyer bereits Ende der Neunziger laut Spiegel „nur in von ihm ‚autorisierten Medien‘ Bilder seiner Konzertauftritte akzeptieren“. Mit der aktuellen Geschichte steht er nun in der Tradition von Robbie Williams, der 2006 mit seinen Knebelverträgen für Fotografen einen ersten Eklat auslöste.

Die Grönemeyer-Bilder in der aktuellen Online-Datenbank von dpa gehen indes zurück bis in die 1990er Jahre: Fesch sieht er aus, wie er Pfingsten 1996 im leeren Olympia-Stadion mit Andi und Campino von den Toten Hosen und einem „Rock im Park“-Plakat posiert. Auf dem Plakat steht „Grönemeyer“ in der gleichen Größe wie „Sting“ und „Bryan Adams“. Und schön ist, dass Grönemeyer es bei diesem PR-Termin nicht geschafft hat, in die Kamera zu blicken. Das machte ihn mal sympathisch – und wird es in Zukunft nicht mehr geben.

KLAUS IRLER