Wirklichkeit und persönliche Realität

betr.: „Im Tempel der verirrten Seelen“, taz vom 4. 6. 08

Als ich die taz aus dem Kasten zog und einen Hintergrundartikel über die Rosenkreuzer angekündigt fand, war ich nicht schlecht überrascht. Bin ich doch seit langem Sympathisant beider scheinbar so verschiedener Organe. Amüsiert überflog ich die ersten Abschnitte und wurde zunehmend irritiert. Schreibt die gute Frau wirklich über deine Rosenkreuzer, fragte ich mich, denn Veranstaltungen in der beschriebenen Art hatte ich bei Amorc (Alter mystischer Orden vom Rosenkreuz) in den letzten zwanzig Jahren noch nie erlebt.

Nun lautet eine Lehre der Rosenkreuzer, dass die Wirklichkeit, wie sie ist, nicht an sich, sondern nur im Sinne einer persönlichen „Realität“ wahrgenommen wird und wir die Welt durch unsere persönliche Brille betrachten (für die Psychologie heute eine Binsenweisheit). Aber normalerweise gibt es zumindest ein gewisses Maß an Wiedererkennungswert.

Ein Blick ins Internet hat mir dann offenbart, wo hier der Fehler liegt. Die verirrte Journalistin war bei einer Veranstaltung des Lectorium Rosicrucianums, nicht bei Amorc. Beide bezeichnen sich als Rosenkreuzergemeinschaft, haben aber eine vollkommen unterschiedliche Interpretation der Umsetzung der philosophischen Lehren. DIETER LINHART, Wattenbek