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Archiv-Artikel

Der Männergesellschaft zum Trotz

Seit fast 20 Jahren erzeugen energiebewusste Hamburger Frauen Ökostrom. Mitgliederzahl und Handlungsmöglichkeiten ihres Klimaschutzvereins nahmen mit den Jahren ab, doch der Optimismus blieb

„Alles redet von der ‚Klima-Katastrophe‘… – wir tun schon länger was dagegen!“, werben die Frauen vom Verein „Stromschnelle – Regenerative Energien in Frauenhand“ für sich und ihre Sache. Vor 17 Jahren gründete sich der Verein, vor 16 installierte er eine Photovoltaik-Anlage mit 88 Modulen auf einem Fabrikdach in Hamburg-Horn. Einige Jahre wurde eine handwerkliche Mädchenausbildungsstätte von dem erzeugten Strom versorgt, bis diese geschlossen wurde. Und seitdem kümmert sich der Verein vor allem um Öffentlichkeitsarbeit, denn: „Wir wollen überall im Land kleine Pflänzchen wachsen lassen“, sagt Vereinsmitglied Silke Mittelstädt. Und meint damit, dass das Bewusstsein für alternative Energieformen verbreitet werden soll.

Aber warum braucht es eine Energie-Initiative extra für Frauen? „Frauen und Technik sind zwei Bereiche, die oft nicht so leicht zusammengehen“, meinen die Frauen des Vereins. Es sei schade, dass da solch eine Aversion bestehe. Deshalb müssten Vorurteile abgebaut und Berührungsängste überwunden werden. „Als wir uns damals zusammengefunden haben“, so Mittelstädt, „ging es uns darum zu erfahren und zu lernen, dass auch Frauen in diesem Bereich etwas erreichen können.“ Normalerweise würden in diesem Bereich die Männer alles an sich reißen. Frauen, die sich für Technik und Mathematik interessieren, würden gesellschaftlich belächelt und diskriminiert. Dies würde von der Schule so geprägt, „auch heute noch“.

Als die klimabewussten Frauen begannen, hatten sie Großes vor. Aus dem damaligen Programm der Bundesregierung zur Förderung regenerativer Energien bezogen sie Fördergelder, leisteten einen Eigenanteil und bauten ihre erste (und bisher einzige) Solaranlage auf das Flachdach der Phillipus-Gemeinde in Hamburg Horn. Die Mädchenwerkstatt unter dem Dach konnte ihren Stromverbrauch von den erzeugten 4,4 Kilowatt weitgehend bestreiten. Nach der Schließung der Werkstatt war es der Kirche als Vermieter des Daches zu kompliziert, die verschiedenen Stromrechnungen auseinander zu rechnen. Seitdem geht der Ökostrom ausschließlich ins Netz.

Seitdem haben sich die Zeiten geändert. Der Verein hat viele Mitglieder verloren, und auch der feministische wie der ökologische Protest ist seitdem abgeebbt. Die übrig gebliebenen Frauen der Stromschnelle aber trotzen der Zeit. Sie wollen weitermachen, neue Ideen verwirklichen. „Wir sind offen für Umweltprojekte aller Art“, sagt Mittelstädt. Derzeit suchten sie nach neuen Dächern, um die Energie neuen Projekten spenden zu können. Neue Frauen seien jedenfalls willkommen.

KRISTINA GERSTENMAIER

Am Samstag um 12 Uhr lädt der Verein Stromschnelle zu einer Infoveranstaltung ins Flaks, Alsenstraße 33. Infos auch bei Silke Mittestädt, ☎ 040–688490