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Archiv-Artikel

Nepper, Schlepper, Mieterfänger

Der enge Wohnungsmarkt in Hamburg treibt Wohnungssuchende mitunter zur Verzweiflung. Oder in die Arme der Firma Wimmo GmbH, gegen die der Mieterverein klagt. Der Prozess beginnt heute

VON DANIEL KUMMETZ

Die Wohnungen sind knapp, die Mieten hoch – der Hamburger Mietmarkt ist äußerst schwierig. Die Nachfrage ist so groß, dass in Hamburg Servicefirmen agieren können, die vom Mieterverein zu Hamburg und von der Verbraucherzentrale als unseriös eingestuft werden: Die „Dienstleister“ stellen Kontaktdaten von Vermietern zur Verfügung und verlangen dafür Geld, unabhängig davon, welcher Qualität die Mietangebote der Vermieter sind und ob letztendlich ein Mietvertrag zu Stande kommt.

Der Mieterverein hält das für illegal und klagte gegen die Wimmo GmbH, die in Hamburg eine der aktivsten dieser Firmen ist. Vor Gericht konnte sich der Mieterverein in diesem ersten Verfahren aber nicht durchsetzen. In Berlin dagegen haben Richter 2004 eine ähnliche Praxis untersagt. Dort dürfen solche Anbieter nur dann kassieren, wenn auch tatsächlich ein Mietvertrag zu Stande kommt.

Am heutigen Dienstag beginnt nun ein zweites Verfahren, in dem der Mieterverein gegen Wimmo klagt. Wimmo schaltet in Zeitungen und Internetportalen Anzeigen, die sehr attraktive Wohnungen zur Miete anbieten. „Wenn man dann bei Wimmo anruft, bekommt man gesagt, dass die angefragte Wohnung noch frei sei und man noch am selben Tag das Wimmo-Büro aufsuchen soll“, berichtet Jörg Laurenz (Name von der Redaktion geändert). Laurenz suchte schon wochenlang eine neue Bleibe und hatte Druck, etwas zu finden. Er war verwundert über den Termin am Samstag Nachmittag im Büro, schöpfte aber Hoffnung und ging ins Wimmo-Büro.

Vor Ort sagte ihm eine Wimmo-Mitarbeiterin, dass „die Firma über 400 Wohnungen im Programm habe“. Das Unternehmen erklärte ihm, dass es die Daten von Vermietern direkt an die Wohnungssuchenden weitergebe, so dass alle Wohnungen courtagefrei seien. Sowohl „exklusive Angebote“ als auch Offerten „aus frei kursierenden Wohnungsangeboten“ wurden ihm versprochen. „Von der Gebühr in Höhe von 189 Euro war ganz am Schluss die Rede“, sagt Laurenz. Er zögerte, ließ sich aber überzeugen, nachdem ihn die Mitarbeiterin auf die vergleichsweise deutlich höheren Makler-Courtagen hinwies und ihm sagte, er könne die aktuellen Angebote sofort nutzten und die Vermieter noch am Wochenende sicher besser erreichen als werktags.

Laurenz zahlte, verließ das Büro mit einer Liste und bekam fortan täglich eine Email mit aktuellen Angeboten. In der Liste allerdings „standen ausschließlich Angebote, die auch bei Immonet, Immobilienscout oder der ASTA-Wohnbörse zu finden waren“, sagt Laurenz. „Und die tägliche Email war in 90 Prozent der Fälle leer. Wenn sie Wohnungen enthielt, dann nur solche, die sowieso überall angeboten waren. Ein exklusives Angebot ist mir nicht untergekommen.“

Der Mieterverein glaubt, dass diese Geschäftspraxis gegen das Wohnungsvermittlungsgesetz verstößt. Danach nämlich sind Gebühren nur zulässig, wenn ein Makler erfolgreich vermittelt hat.

Wimmo dagegen begreift sich nicht als Makler, sondern als Dienstleister, der Anzeigen sammelt, und hat sich mit dieser Auffassung bisher auch vor Gericht durchsetzten können. Auf der Wimmo-Homepage steht: „Wir sind bemüht, alle Informationen über verfügbare Wohnungen in Hamburg, die provisionsfrei zur Vermietung angeboten werden, zusammenzutragen und Ihnen als Wohnungssuchenden zur Verfügung zu stellen.“ Weder zu den Vorwürfen der Verbände noch zu dem Fall Laurenz wollte das Unternehmen Stellung beziehen.

Der Mieterverein hofft nun auf ein anderes Urteil. „Bei dem vorherigen Verfahren wurde das Urteil aus Berlin überhaupt nicht berücksichtigt“, sagt sein Vorsitzender Eckard Pahlke. Die Richterin habe sich nur auf alte Urteile berufen, bei denen es um Adresskarteien ging. „Wenn unter einer Anzeige ein Firmenkontakt steht, denkt doch jeder, dass das ein Makler ist.“ Mittlerweile hätten sich rund 400 enttäuschte Wimmo-Kunden beim Mieterverein gemeldet, sagt Pahlke.

Jörg Laurenz fand seine Wohnung schließlich per Aushang in seinem Stadtteil. Mit ihm verdient hat die Firma trotzdem.