Häppchen bei Peter Tamm

Man kann es für Zufall halten. Merkwürdig jedenfalls ist es schon: Da wurde zur Präsentation des „Maritimen Museums“ des Peter Tamm in der Hamburger Hafencity erstmals die Presse in größerer Menge zugelassen. Aber zu zeigen hatte man am Montag abermals nicht das Komplettpaket. Gerade mal zwei Tage vor der Eröffnung des Hauses setzt der umstrittene Schiffs- und Militariasammler wohl immer noch auf das Prinzip Vernebelung.

Deck 5 – das Geschoss mit den Militaria – sei noch nicht fertig und daher nicht präsentabel, erklärte Geschäftsführerin Russalka Nikolov vor dem Presse-Rundgang, es tue ihr sehr Leid. Nun kann man zwar mutmaßen, dass das Organisationsproblem echt ist. Doch insbesondere angesichts der vorausgegangenen Proteste hätte es sich wohl lösen lassen. Ins Bild passte auch, dass Tamm die entsprechende kritische Frage weiträumig umschiffte. Stattdessen präsentierte er sich als Opfer seiner Sammelleidenschaft – als einen, den der Schiffs-Fanatismus einfach überrumpelt habe und der die Exponate nur schweren Herzens aus seiner privaten Villa in das Museum gebe.

Und wenn auch diesmal nicht auf die erdrückende Quantität der Exponate verwiesen wurde, gelang es Tamms Team doch, Pomp und Prunk – etwa das seltene goldene Schiffsmodell – ins Zentrum zu rücken. Dass es ohne Schifffahrt keine Menschheitsgeschichte gegeben hätte, sagte Tamm dann noch. Ein, nun, wenig differenziertes Geschichtsbild, was auch die wenigen freigegebenen Geschosse offenbarten: Drei von neun Etagen setzte man den Blicken der aufgeklärten Presse aus. Fein konstruierte Schiffsmodelle, aufs Angenehmste beleuchtet, ließen sich da gern fotografieren, ebenso manch Schiffsgemälde ohne Harm.

Diesen ausgewählten Nettigkeiten zum Trotz krankt die Schau auch kurz vor ihrer Eröffnung noch an dem, was Kritiker von Anfang an moniert hatten: dem häufigen Fehlen qualifizierter oder überhaupt irgendeiner Beschriftung. Gewiss, einige Spickzettelchen gibt es bereits, weitere sollen in den nächsten Nächten folgen. Bereits gestern zu lesen war da etwa von den Leistungen Lord Nelsons in der Kriegsführung. Und zu sehen gab es, zumindest aus der Ferne, auch auf auf dem „verbotenen“ Deck 5 etwas – eine Armada von Schaufensterpuppen in Uniform, die durch die Vitrine lugt, dazu Säbel, die blinken, als seien sie etwas anderes als bloß Waffen.

Merkwürdig auch, dass gleich am Eingang zwei Kanonen warten. Um die Ecke finden sich weitere – nebst zwei 1944 gefertigten deutschen Unterseebooten, von denen Sammler Tamm eins eigenhändig heben ließ. Natürlich sagt Russalka Nikolov, man präsentiere Waffen und Kriegsschiffe nur, um zu zeigen, „dass die Menschheit nichts gelernt hat“. Ein Blick auf die Opfer allerdings, den sucht man hier vergeblich, geschweige denn irgendein Bekenntnis zur Sache des Friedens.

All dies kann sich natürlich bis morgen ändern oder im noch nicht gesehen Geschoss verharren. Das wird ein neuerlicher Rundgang durch das dann endlich komplett geöffnete Museum erweisen.

PETRA SCHELLEN