: „Hosen runter“ dauert noch
Nach wie vor pokern Verwaltung und BSAG um die Finanzierung des Sozialtickets. Jetzt gilt Ende 2008 als Planungsfrist
„Wir haben den festen Willen, das Sozialticket einzuführen“, sagt Verkehrsressortsprecher Michael Ortmanns auf Anfrage – das unterscheide Rot-Grün von den Vorgängerregierungen. In der Tat gab es seit Anfang der 90er circa alle fünf Jahre entsprechende Initiativen, die regelmäßig scheiterten. Gestern beschäftigte sich der Senat aufgrund einer Anfrage der Linkspartei mit dem Thema.
Bislang hat Rot-Grün seine unter anderem im Koalitionsvertrag dokumentierten Sozialticket-Pläne nur um ein halbes Jahr verfehlt: Statt „bis zum Sommer“ ist nun „Ende des Jahres“ als Zeithorizont angegeben. Um ein ganz entscheidendes Detail macht der aktuelle „Sachstandsbericht“ des Senats allerdings einen großen Bogen: den Preis des Tickets.
Verwaltungsintern geht man von knapp 20 Euro aus. Das wäre zwar immer noch mehr, als der Hartz IV-Regelsatz einem Erwachsenen für dessen gesamte „Mobilität“ zubilligt – 16,20 Euro –, aber auch kein kompletter Etikettenschwindel wie er in manchen anderen Städten mit dem Label „Sozialticket“ betrieben wird – löbliche Ausnahme ist Dortmund mit seinem im Februar eingeführten 15-Euro-Ticket.
Die offizielle Zurückhaltung des Senats in Sachen Preisgestaltung ist dem Poker geschuldet, in dem sich Verwaltung und BSAG seit längerem befinden: Stur hält der Senat die „Prämisse der Kostenneutralität“ eines Sozialtickets aufrecht, um das Verkehrsunternehmen seinerseits unter Zugzwang zu setzen. Die BSAG wiederum mauert mit Verweis auf fehlende Daten und Prognoseinstrumente, die Kosten seien „nicht kalkulierbar“.
In Dortmund, wo 27 Prozent der Sozialticketbezieher zuvor ein reguläres 45-Euro-Ticket hatten, wird mit einem jährlichen Fehlbetrag von zwei bis vier Millionen Euro gerechnet. Der Bremer Sachstandsbericht kommt nicht umhin zu konstatieren, dass es bei allen zu Vergleichszwecken kontaktierten Kommunen „zu Einnahmeausfällen und / oder höheren Aufwendungen“ gekommen sei, „die durch die öffentliche Hand ausgeglichen werden müssen“. Andernorts hebt der Senat nichtsdestotrotz wiederholt hervor, dass „finanzielle Mehrbelastungen des Bremischen Haushalts sowie der BSAG“ zu vermeiden seien.
Bei allen Unklarheiten des Sachstandberichts erfährt die interessierte Öffentlichkeit immerhin by the way etwas über die Kontrolldichte in den Bremer Bussen und Straßenbahnen: Täglich seien zwischen 25 und 38 Prüfer „in verschiedenen Schichten“ im Einsatz, der „Saldo aus Kosten und Einnahmen“ ergebe jährliche Kosten von 450.000 Euro. Henning Bleyl