: Gabriel schickt Eingreiftruppe in die Asse
Über die Pannen im atomaren Endlager bei Wolfenbüttel berät ein Krisengipfel in Berlin, der Bundestag widmet dem Thema eine Aktuelle Stunde – doch in Niedersachsen lehnt die SPD einen Untersuchungsausschuss ab
Die Skandale und Schlampereien im Atommüllendlager Asse bei Wolfenbüttel beschäftigen diese Woche den Bundestag. Auf Antrag der Grünen gibt es am Donnerstag in Berlin eine Aktuelle Stunde. Bereits für Mittwoch ist eine Fragestunde angekündigt, am selben Tag will der Umweltausschuss des Bundestages in nicht öffentlicher Sitzung debattieren.
Die Asse hat in den vergangenen Wochen durch zahlreiche Pannen für Schlagzeilen gesorgt. So wurde bekannt, dass die seit Jahren durch das Bergwerk suppende Lauge mit Cäsium und anderen Substanzen belastet ist. Die gemessenen Konzentrationen überschritten die Grenzwerte bis zum Elffachen. Der Betreiber des Endlagers, das Helmholtz Zentrum München, hat die radioaktive Flüssigkeit in tiefer gelegene Bereiche gepumpt. Das Umweltministerium in Niedersachsen will von den Vorgängen ebenso wenig gewusst haben wie die Bundesregierung, die für die Endlagerung radioaktiver Stoffe die oberste Verantwortung trägt. Im Bergwerk Asse, das offiziell als Forschungsbergwerk firmiert, lagern rund 126.000 Fässer mit schwach- und mittelaktivem Atommüll.
„Die Bundesregierung duldet sehenden Auges den Atommüllskandal in der niedersächsischen Asse“, begründet der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, die Bundestags-Initiative seiner Partei. Die Grünen haben für die Fragestunde rund ein Dutzend Fragen zu den Vorgängen in der Asse und dem Kompetenz-Wirrwarr zwischen Betreibern und Behörden eingereicht.
Bereits gestern beriet in Berlin ein so genannter „Krisengipfel“ über die Asse. Dabei kündigte Umweltminister Sigmar Gabriel die Entsendung einer speziellen Arbeitsgruppe in das Bergwerk an. Er werde zusätzliches Personal dorthin schicken, damit „alle Informationen auf den Tisch des Hauses kommen“, sagte er nach dem Spitzentreffen mit Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) und dem niedersächsischen Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP).
In Niedersachsen konnte sich unterdessen die SPD-Fraktion nicht dazu durchringen, gemeinsam mit den anderen Oppositionsparteien einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu fordern. Das komme verfrüht, begründete Fraktionschef Wolfgang Jüttner die Ablehnung. Stattdessen solle sich der Umweltausschuss des Landtags weiter um Aufklärung bemühen: „Notfalls muss der Umweltausschuss in der Sommerpause durch tagen.“ Wenn Landesregierung und Betreiber dann weiter mauerten, werde man einen Untersuchungsausschuss einsetzen.
Dies hatten Grüne und Linke bereits jetzt verlangt, sie brauchen dafür aber SPD-Stimmen. „Die Sozialdemokraten müssen sich für einen Untersuchungsausschuss einsetzen, auch wenn die Schlampereien möglicherweise bis in ihre Regierungszeit zurückreichen. Das sind sie den Menschen schuldig“, appellierte der umweltpolitische Sprecher der Linken, Kurt Herzog, an die SPD.
Vor dem Bergwerk Asse demonstrierte gestern Robin Wood. REIMAR PAUL