: Nutznießer sind die Unternehmen
betr.: „Großversuch mit 60-Jährigen“ von Barbara Dribbusch, taz vom 21. 6. 08
Beim Thema Altersteilzeit gibt es zu der angesprochenen Heuchelei der Politik, von der man leider pauschaul ausgehen muss, auch partielles Unwissen, was man in der Politik, aber leider auch in der Presse, annehmen kann.
Altersteilzeit wird tarifvertraglich vereinbart. Unterstützung seitens der Sozialversicherung gibt es nur, wenn ein/e neue/r MitarbeiterIn anstelle des Altersteilzeitenden eingestellt wird. Dies trifft jedoch nur in seltensten Fällen zu, da die Unternehmen gerade dieses Modell zum Abbau der Beschäftigtenzahl verwenden. Denn die Unternehmen ersparen sich dadurch weitaus teurere Abfindungsprogramme. Zumeist zahlt das Unternehmen nur den Aufschlag von etwas mehr als 30 Prozent für die üblicherweise vereinbarte Arbeitszeit von 50 Prozent, um auf die etwa 80 Prozent des Nettoeinkommens zu kommen. Neben dem Arbeitszeitenden ist dann das Finanzamt am meisten betroffen, da aufgrund der progressiven Besteuerung hier ein besonders hoher Rückgang der Steuer in Bezug auf das volle Einkommen zu beklagen ist.
Ich behaupte, dass die Unternehmen die größten Nutznießer dieser Regelung sind. Wenn Arbeitgeberverbände nun die Fortführung der Altersteilzeit verhindern möchten, bedeutet das nur, dass der geplante Abbau vorläufig abgeschlossen ist und nicht weitergeführt werden soll.
Die Aussage über die Subventionierung im Schnitt mit 84.000 Euro für sechs Jahre Altersteilzeit durch die anderen Beitragszahler ist also unrichtig. Es könnte allenfalls heißen, dass die Allgemeinheit diese Subventionierung leistet, vor allem durch niedrigere Steuerabgaben, zum geringsten Teil durch Sozialabgaben. Ich behaupte sogar, dass dies der effektivste Weg wäre, junge Arbeitssuchende vermehrt in Stellung zu bringen.
Für die Mitarbeiterschaft ist diese Regelung erwünscht, ermöglicht sie doch Einzelnen, vorzeitig und geregelt die Arbeit zu beenden. In vielen Fällen dient sie aber vor allem den Firmen, unerwünschte, ältere, deshalb teurere MitarbeiterInnen auszuscheiden.
BERND NEFFGEN, Selm