: Kritik am neuen Beirätegesetz
Die Stadtteilparlamente sollen aufgewertet werden. Doch ob die so genannten Stadtteilbudgets der richtige Weg sind, wird von Insidern bezweifelt. Die Abschaffung des Gesamtbeirates ist offen
von Eiken Bruhn
„Stadtteilbudget“ lautet das Zauberwort, mit dem die rot-grüne Koalition die Arbeit der ehrenamtlichen Beiräte aufwerten will. „In den Einzelplänen der Ressorts und Behörden werden die stadtteilbezogenen Mittel ausgewiesen, über die die Beiräte entscheiden“ heißt es im Paragraphen 34 des Entwurfs für ein neues Beirätegesetz. Doch wie hoch diese Budgets sein sollen, ist derzeit genau so offen wie die Frage, wie die ehrenamtlichen StadtteilpolitikerInnen befähigt werden sollen, das Geld gesetzestreu auszugeben.
„Das ist im Prinzip eine gute Sache“, kritisiert die Borgfelder Beiratssprecherin Gabi Piontkowski, „aber man sollte die Beiräte auch nicht überfordern“. Schließlich müssten bei der öffentlichen Mittelvergabe eine Reihe von Vorschriften bedacht werden, „dafür braucht es schon ein entsprechendes Know-How“, so die Staatsanwältin, die in Borgfeld für die CDU im Beirat sitzt. Gerade in den fünf kleinen Stadtteilen, die wie in Borgfeld nur einen ehrenamtlichen Ortsamtsleiter haben, müsste für Qualifizierung gesorgt werden – oder eine Verwaltungsebene aufgebaut werden. „Das müsste dann aber auch von irgend jemand bezahlt werden.“
Senatssprecher Hermann Kleen wies die Kritik als verfrüht zurück. „Das ist ein Vorschlag, der jetzt breit diskutiert werden soll“, sagte Kleen. Klar sei aber schon: Die Höhe der Ressortmittel für die Stadtteile würden in den Haushaltsberatungen der Bürgerschaft festgelegt. Als Beispiele für ein Entscheidungsrecht der Beiräte nannte er Kinder- und Jugendarbeit, die Straßenunterhaltung und Pflege von Grünflächen.
Für grundsätzlich problematisch hält Robert Bücking, Ortsamtsleiter im Bereich Mitte und Östliche Vorstadt, das Stadtteilbudget-Modell. „Wo kein Geld da ist, lässt sich auch nicht viel gestalten“, sagte Bücking. Er glaube, dass sich an der Mittelverteilung nicht viel ändern würde, wenn die Beiräte dafür zuständig wären, es würde allenfalls transparenter als vorher sein.
Sinnvoller sei es, so Bücking, die Grenzen zwischen den einzelnen Senatsressorts aufzubrechen, die bisher eifersüchtig über ihr Geld wachen. Sein Vorschlag: Einen Teil der gesamten Haushaltsmittel abzuzwacken und nur solche solche Projekte herauszurücken, die ressortübergreifende arbeiten. Als Beispiel nannte der Stadtteil-Bürgermeister eine Kooperation zwischen Schulen und Sportvereinen oder Kultur und sozialen Einrichtungen. Die Beiräte wären nach diesem Modell diejenigen, die über die Anträge entscheiden dürften – mit fachlicher Unterstützung.
Diskussionsbedarf gibt es auch noch beim Thema „Gesamtbeirat“. Dieses Gremium, in dem alle BeiratssprecherInnen vertreten sind, wollte Rot-Grün laut Koalitionsvertrag abschaffen – zugunsten eines Bürgerschafts-Ausschusses für „Bürgerbeteiligung und Beiratsangelegenheiten“. Das hatten Beiräte aller Fraktionen kritisiert, mittlerweile sollen sich hinter vorgehaltener Hand auch die rot-grünen Parlamentarier fragen, wozu der Ausschuss gut sein soll. „Wir haben uns neulich einen theoretischen Vortrag zum Thema Partizipation angehört – das hätte man besser in einer Abendveranstaltung für Interessierte machen könnte“, beschwerte sich die Beiratssprecherin Piontkowski, gleichzeitig stellvertretende Sprecherin des Gesamtbeirates. Sie wiederholte gestern ihre Kritik daran, dass die Beiräte in dem neuen Gremium, das zum Stadtparlament gehört, kein Stimmrecht haben und forderte dessen Abschaffung. Beide Gremien weiter parallel tagen zu lassen, sei Zeit- und Geldverschwendung.