Der Mann, der Obamas Tor hütet

Der Alltag eines Berliner Bezirksbürgermeisters ist nicht gerade reich an geschichtsträchtigen Momenten. Da geht’s meist um Grünflächen und Spielplätze, man schlägt sich mit der Bezirksverordnetenversammlung herum und sorgt dafür, dass ja auch alles behindertengerecht zugeht.

Die transatlantischen Beziehungen gehören im Allgemeinen nicht zum Aufgabenbereich. Es sei denn, man heißt Christian Hanke und ist gerade Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte. Dann können sich Außenminister Steinmeier und Kanzlerin Merkel noch so sehr fetzen – darüber, ob der Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten, Barack Obama, bei seinem anstehenden Deutschland-Besuch am Brandenburger Tor reden darf oder nicht, entscheidet allein Hanke. Denn für die „Sondernutzung von Straßenland und Bürgersteigen“ rund um den bedeutenden Ort, den Lärmschutz und die Flaggenmasten ist nicht die Bundesregierung zuständig und nicht der Senat, sondern allein der Bezirk Mitte und damit Hanke. „Ich warte jetzt auf Konkretisierungen seiner Kampagne“, sagt der 45-Jährige. Er selbst kann ja dem Senator nichts vorschlagen, sondern muss reagieren, wenn der Wunsch des Politikers vorliegt.

Und Hanke ist keiner, der einfach so alles abnickt, nur weil da jemand Riesengroßes daherkommt. Das weiß man spätestens seit Anfang dieser Woche. Da fuhr sein Amt nämlich dem Verteidigungsministerium voll in die Parade. Dessen Wunsch, das Rekruten-Gelöbnis am 20. Juli vor dem Reichstag abzuhalten, wurde mit dem Argument abgelehnt, der Rasen würde zu sehr leiden. Die Union vermutete eher politische Motive und poltert seitdem, als hätte Hanke öffentlich die deutsche Fahne bepinkelt.

Aber wie es aussieht, könnte sich der Mann, der im November der mächtigste Mann der Welt werden und davor noch ein paar nette Schlagzeilen in Europa produzieren will, auf den SPD-Politiker verlassen. „Das wär schon schön“, freut sich der Bürgermeister auf den Auftritt. „Das würde mich schon reizen.“ Auch wenn er gar nicht so richtig weiß, wie sie so sind, die Amis. Schließlich hat er noch nie übern Teich gemacht. Dafür könnte er Obama aber wie wohl kein anderer seine Stadt zeigen. Hanke ist Ur-Berliner. In Hermsdorf geboren, in Reinickendorf zur Schule gegangen, an der FU Sozialkunde studiert, an der HU gearbeitet, Mitglied im Weddinger Heimatverein und im Wirtschaftskreis Mitte. Seit 2006 lenkt er die Geschicke des hippen Stadtteils.

Klingt alles nicht sonderlich kosmopolitisch. „Aber wir haben hier jeden Tag was Schönes und Neues in Mitte“, schwärmt Hanke. Fehlt nur noch ein Anruf aus Übersee. VEIT MEDICK