: Chef und Propagandist der PKK
Ob Murat Karayilan, Mitte 50, persönlich an der Entführung der deutschen Bergsteiger am Ararat beteiligt ist, ist unklar. Politisch trägt der derzeitige PKK-Chef die Verantwortung FOTO: ARCHIV
Geschichte ist unbestechlich. Sie wird zeigen, dass unsere großartige Guerilla die barbarischen Kräfte des Imperialismus besiegt hat und unsere Leute würdige Freiheitskämpfer sind.“ Mit dieser Botschaft wandte sich Murat Karayilan Ende Februar an alle Anhänger der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK), um den Behauptungen der türkischen Armee entgegenzutreten, sie hätte die PKK bei ihrer Nordirakoffensive weitgehend zerschlagen.
Murat Karayilan weiß, wie wichtig im Krieg Propaganda ist. Seit der Festnahme von PKK-Chef Abdullah Öcalan 1999 gehört er zur Führungsriege. Zwar ist bislang unklar, ob er, dessen Nachname „Schwarze Schlange“ bedeutet, persönlich in die Entführung der Bergsteiger involviert ist. Doch die von der PKK verbreitete Botschaft lässt darauf schließen, dass die Aktion zentral vorbereitet wurde.
In den türkischen Medien wird Karayilan seit Längerem als der aktuelle Chef der PKK porträtiert. Der Mann, der wie Abdullah Öcalan aus einem Dorf bei Urfa unweit der syrischen Grenze stammt, ging bereits 1979 zur PKK und wurde lange von Öcalan protegiert. Im Zuge der internen Auseinandersetzungen nach Öcalans Festnahme verschwand Karayilan plötzlich von der Bildfläche, um in Holland wiederaufzutauchen, wo er Asyl beantragte. Eine Zeit lang galt er als Europachef der PKK, dann ging das Gerücht, er sei bei internen Kämpfen erschossen worden. Doch wenig später tauchte er im Nordirak auf, wo die PKK mittlerweile ihr Hauptquartier eingerichtet hatte. Angeblich soll er dort heftig gegen den bis dahin als Militärchef der PKK geltenden Cemil Bayik intrigiert haben, um sich die alleinige Führung der Organisation zu sichern.
Allerdings soll sich Karayilan innerhalb der Führung mit der Auffassung durchgesetzt haben, man müsse den Krieg auch in die großen türkischen Städte im Westen des Landes tragen. In Interviews bestritt er zwar immer, dass die PKK zivile Ziele angreifen würde, tatsächlich gilt er aber als der Erfinder der sogenannten Freiheitsfalken, einer kurdischen Gruppe, die seit Jahren immer wieder Anschläge in Istanbul und in türkischen Touristenhochburgen verantwortet hat.
Für die türkische Armee ist Karayilan deshalb eines der Hauptziele. Immer mal wieder wurde gemeldet, er sei bei einem der Bombenangriffe auf Lager der PKK im Nordirak getötet worden, doch immer wieder erwiesen sich diese Meldungen als Wunschdenken. Bis heute sendet die Schwarze Schlange ihre Botschaften an Sympathisanten in aller Welt. Nach der türkischen Regierung muss sich nun auch die Bundesregierung damit auseinandersetzen. JÜRGEN GOTTSCHLICH