: Diebe in der Kleiderkammer
Zwei Justizbedienstete und ein Häftling im Knast Tegel stehen im Verdacht, eingemottete Habseligkeiten von Gefangenen geklaut zu haben. Polizei ermittelt. Die Justizverwaltung will nun das Lagersystem verbessern
Wenn Menschen in den Knast kommen, müssen sie ihre Habseligkeiten in der sogenannten Kleider- oder Hauskammer einmotten. Egal ob es sich um Wäsche, Oberbekleidung oder Elektrogeräte handelt – alles, was nicht in der Zelle aufbewahrt werden kann, wird unter der Aufsicht von Justizbediensteten gelagert.
Nun sind zwei Beamte des Tegeler Knasts in Verdacht geraten, Dinge aus der Kleiderkammer entwendet zu haben. Wie Justizsprecher Daniel Abbou auf Anfrage der taz bestätigte, hat die Anstaltsleitung gegen die beiden Beamten und einen Gefangenen, der in der Kleiderkammer tätig war, bei der Polizei Strafanzeige wegen Diebstahls erstattet. Es gebe bislang aber keine Hinweise darauf, dass es sich um massenhaften Diebstahl handele, sagte Abbou. „Wir glauben das eher nicht.“
Die Strafanzeige gegen die Beamten stammt vom 17. Juni 2008, die gegen den Gefangenen wurde bereits am 16. April erstattet. Die Tatsache, dass die Polizei erst am kommenden Montag die Ermittlungen aufnimmt, zeigt, welche Bedeutung die Ermittlungsbehörde dem Fall beimisst. Die beschuldigten Beamten und der Gefangene seien nicht mehr in der Kleiderkammer tätig, sagte Sprecher Abbou. Einer der beiden Bediensteten habe zugegeben, ein Radio aus der Kleiderkammer mitgenommen zu haben. Er habe sich aber darauf berufen, dass es sich um ein übrig gebliebenes Gerät gehandelt habe. Der Eigentümer sei schon vor längerer Zeit entlassen worden. Was dem zweiten Beamten und dem Gefangenen vorgeworfen wird, war Abbou nicht bekannt.
Nach Angaben des Justizsprechers sind in Tegel in diesem Jahr in Bezug auf die Kleiderkammer insgesamt 17 Verlustanzeigen von Gefangenen gestellt worden. 17 Anzeigen bei 1.600 Insassen – das sei eine Fehlerquote von nur 1 Prozent. Die Liste der abhandengekommenen Gegenstände reiche vom Schoko-Drink im Wert von 1,79 Euro über den Bartschneider (45 Euro) bis zum Handy-Doppelpack (249 Euro).
Ob all diese Dinge entwendet oder auf anderen Wegen die Kleiderkammer verlassen haben, wird die Polizei nun zu prüfen haben. Die in der Kleiderkammer vorherrschende „Zettelwirtschaft“ habe den Missbrauch allerdings erleichtert, so Abbou. Gefangene, die Dinge wie einen Fernseher deponieren oder ihre Sommersachen gegen Winterbekleidung austauschen, bekommen dies auf einem Blatt Papier bestätigt. Um auszuschließen, dass diese Zettel in die falschen Hände gelangen oder damit Handel getrieben wird, werde das System nun auf Computer umgestellt, so Abbou. Anfang 2009 soll die Aktion abgeschlossen sein. Gefangene würden überhaupt nicht mehr in der Kleiderkammer beschäftigt.
PLUTONIA PLARRE