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Archiv-Artikel

Die Ems soll salzig werden

Eine Tochterfirma der russischen Gazprom will gigantische Erdgasspeicher in einem Salzstock an der Ems aushöhlen. Mit dem Spülwasser würden 30 Millionen Tonnen Salz den Fluss und ein EU-Vogelschutzgebiet kontaminieren

Mit einem Milliardenprojekt wollen die Energieversorger EWE und Wingas im ostfriesischen Jemgum (Kreis Leer) nahe der Ems gigantische unterirdische Erdgasspeicher anlegen. Wie Sprecher der Unternehmen bestätigten, sollen dafür in rund 1.400 Metern Tiefe mit Flusswasser 33 Höhlen in einen Salzstock gespült werden. Anschließend soll die hochkonzentrierte Sole in den Fluss geleitet werden.

Naturschützer laufen Sturm gegen das Vorhaben. Sie fürchten die Einleitung der mehr als 30 Millionen Tonnen Salz in die Ems und die Bauarbeiten in dem EU-Vogelschutzgebiet Rheiderland, in dem der größte Gänserastplatz Niedersachsens liegt. Der Naturschutzbund (Nabu) klagt gegen den Bau der Speicherhöhlen. Das bestätigte der Sprecher des Oldenburger Verwaltungsgerichtes, Harald Meyer. Wann über die Klage entschieden werde, sei noch nicht abzusehen.

Der Nabu kritisiert die Pläne als „naturschutzrechtlich nicht zulässige Eingriffe in ein europäisches Vogelschutzgebiet“, die „nicht ausgleichbar“ seien. Zudem sei ersichtlich, dass die beiden Unternehmen eine „Salamitaktik“ verfolgten und den Speicherstandort künftig noch erheblich erweitern wollten.

„Wir wissen von der Klage“, sagte Wingas-Sprecher Nicholas Neu. Wie die Ausgleichsmaßnahmen für den Schaden an der Natur ausschauen werden, sei noch nicht im Detail geklärt. Gebaut wird bei dem Vorhaben auf rund fünf Quadratkilometern. In der Genehmigung des Projektes heißt es: „Aufgrund des bestehenden Flächendrucks im Rheiderland ist die Beschaffung größerer Flächenkontingente für Zwecke des allgemeinen Vertragsnaturschutzes zur Zeit kaum möglich.“ Ein unmittelbarer Ausgleich für die Vögel scheint also schwierig.

Sprecher Neu sagte, es gebe bei der Sole-Einleitung in die Ems strenge Auflagen. Überschreite die Konzentration einen Grenzwert, werde der Hahn zugedreht. Die Verlegung der Soleleitung werde bereits vorbereitet. Noch 2009 sollen die Bohrungen beginnen. Anfangs werde das ausgespülte Salz nordwestlich von Jemgum in die Ems geleitet. „Das geschieht gegebenenfalls nur vorübergehend“, sagte Neu. Die Sole könnte auch alternativ über eine Pipeline nördlich von Emden in die Außenems gespült werden.

Wingas und EWE wollen zusammen eine Milliarde Euro in das Projekt stecken. Das gleicht dem Investitionsvolumen des Jade-Weser-Ports in Wilhelmshaven. Die Energieversorger planen den Speicher, um besser auf saisonale Schwankungen in der Abnahme und mögliche Lieferausfälle reagieren zu können.

Wingas in Kassel ist eine gemeinsame Tochter des deutschen Öl- und Gaskonzerns Wintershall und der russischen Gazprom. Da die EWE aus Oldenburg am selben Ort Erdgaskavernenspeicher plante, entschieden sich die beiden Unternehmen vor zwei Jahren zur Zusammenarbeit. DPA