: Politische Ikonografie
Obama vor der Goldelse, ein Wahlspot mit 700 Polizisten, aber ohne störende Transparente in Berlin
Ich wollte heute ja vor der Goldelse am Großen Stern stehen und Barack Obama bei seiner Berliner Rede ein gut lesbares Plakat mit den schönen und traditionsreichen Worte „Ami go home“ entgegenhalten. Daraus wird nun nichts. Denn „Plakate oder Transparente sind nicht gestattet“, dekretiert der Präsidentschaftskandidat auf seiner Website. Da ihm die Stadt Berlin nach offiziöser Auskunft, „wie bei anderen größeren Privatveranstaltungen, etwa bei Fußballspielen von Hertha BSC“, ein 700 Mann starkes Polizeiaufgebot als Veranstaltungsschutz zur Verfügung gestellt hat, wird er sein Ansinnen durchkriegen.
Dabei möchte ich Barack Obama nur helfen. Denn entgegen dem Einwand, die schönen und traditionsreichen Worte „Ami go home“ seien weder schön noch traditionsreich, sondern stammten aus der Mottenkiste des politischen Protests und des Antiamerikanismus, sind sie durch ihr Recycling, also in ihrer neuen Verwendung, schierer Proamerikanismus.
Wie wir alle wissen, kennen sich die Bürger der Vereinigten Staaten im Rest der Welt nicht so richtig aus. Nun hat es zwar seine Vorteile, nicht zu wissen, dass Islamabad nicht im Iran liegt, weil man dem Iran dann jederzeit die Befähigung zum Einsatz atomarer Waffen unterstellen kann. Das erleichtert es insgesamt ungemein, an allen Ecken der Welt Krieg zu führen. Es hat aber auch seine Nachteile, womöglich nicht zu wissen, dass man sein Geld für Absperrung, Einlasskontrolle und Rednerbühne nicht in Berlin, Wisconsin, sondern in Berlin, Germany ausgibt. Schließlich sind die potenziellen Wähler – die das eine Berlin so wenig interessiert wie das andere – in ihrer Mehrzahl doch eher in den USA zu finden. Nur darauf wollte ich Obama mit den schönen und traditionsreichen Worten „Ami go home“ hinweisen.
Ach ja, und vielleicht noch darauf, dass der US-Möchtegernpräsident reichlich anmaßend auftritt, wenn er meint, Berlin als billige Kulisse und die Berliner als kostenlose Komparserie für seinen Wahlkampfspot missbrauchen zu können. Er muss bei der Stadt Berlin um eine Drehgenehmigung nachgefragt haben. Ein politischer Auftritt würde Plakate und Transparente zulassen. Wie erkennt man nun, dass es sich bei seiner Veranstaltung nicht um Dreharbeiten handelt? Hat der gute Mann keine Ahnung von politischer Ikonografie? Weiß er nicht, dass es Protest braucht, damit Politik kenntlich und damit vielleicht sogar sexy wird? Jedenfalls in demokratischen Staaten. Der Mann ist doch Ami?! Er kommt doch aus Springfield, Illinois und nicht aus St. Petersburg? BRIGITTE WERNEBURG