: Einsparungen subventionieren
betr.: „Die Vernunft des Preises“ von Carl Christian von Weizsäcker, taz vom 18. 7. 08
Die Formel, dass steigende Preise für Rohstoffe zu einer Ausweitung des Angebots führen, ist momentan unter Ökonomen populär. Dass sich die wirtschaftlich förderbaren Ressourcen durch einen Preisanstieg vergrößern, ist richtig. Im Schluss zu einem höheren Angebot für die Ressource Erdöl sind jedoch mehrere Fehlannahmen enthalten. Erstens: Es wird angenommen, dass die Ausweitung der wirtschaftlich förderbaren Ressourcen durch einen Preisanstieg notwendigerweise ein Absinken der Produktion ausgleicht. Dies ist jedoch keineswegs gesichert und ergibt sich auch nicht aus der ökonomischen Theorie. Im Gegenteil ist sowohl in den USA in den frühen Siebzigerjahren als auch in der Nordsee in diesem Jahrzehnt trotz stark steigender Preise die Produktion fortgesetzt gesunken.
Dies liegt auch daran, dass die wirtschaftlich erreichbare Förderrate abhängig ist von den Gesamtvorkommen. Im Fall von Erdöl gehen aus geologischen Gründen die Förderraten regelmäßig zurück, wenn etwa die Hälfte der förderbaren Vorkommen einer Region ausgebeutet wurden. Die Wissenschaftler der Aspo warnen deswegen davor, dass die weltweite Förderrate ihr wirtschaftlich erreichbares Maximum vermutlich schon 2005 überschritten hat und in Zukunft voraussichtlich zunehmend sinken wird.
Die zweite Fehlannahme ist, dass Marktmechanismen grundsätzlich Versorgungskrisen aufgrund der Erschöpfung von Reserven verhindern, da wegen des Preisanstiegs der knappe Rohstoff durch den nächst billigeren Stoff ersetzbar ist. Dies gilt jedoch nur so lange, solange es erstens einen Ersatz überhaupt gibt, zweitens dieser in der verfügbaren Zeit zu haben ist und drittens dessen Kosten die sehr unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Marktteilnehmer nicht übersteigt. Schließlich interessiert den Markt nicht das Wohlergehen der Einzelnen.
Drittens sehe ich einen Widerspruch zwischen der Auffassung, dass der Preis die beste Information über die Verfügbarkeit eines Rohstoffs liefert, und der Vermutung, dass Preise stabil bleiben. Dies ignoriert die reale Entwicklung. Der Ölpreis hat sich seit Anfang 1999 mehr als verzehnfacht, verbunden mit einer Stagnation der Förderung. Aus einer tendenziellen Verknappung aber zu schließen, dass das Angebot sich in Zukunft ausweitet, ist schwer zu vertreten, wenn es keine verlässliche Information über die wirklichen Reserven und Förderkapazitäten in den arabischen Staaten gibt. Die Argumentation mit künftigen großen Ölfunden ist schließlich Wunschdenken, die jährlichen Funde sind seit 40 Jahren stetig zurückgegangen.
In der Konsequenz spricht in der Tat nichts dafür, Energieverschwendung zu subventionieren. Jedoch ist es durchaus vernünftig und dringend, Vorkehrungen zu treffen gegen eine Erdölkrise, d. h. Einsparungen zu subventionieren. JOHANNES NIX, Bremen