: Der starke Mann in Phnom Penh
Hun Sen, 55, wurde vor 23 Jahren in Kambodscha der jüngste Premierminister der Welt. Mit dem sich jetzt abzeichnenden Wahlsieg seiner Partei wird er einer der dienstältesten werden FOTO: AP
Der seit 23 Jahren amtierende Premierminister Hun Sen wird Kambodscha auch in den nächsten fünf Jahren regieren. Nach ersten Teilergebnissen der Wahlen gewann seine Volkspartei (CPP) mindestens 63 Prozent der Stimmen. Seines Sieges war sich der „starke Mann“ Kambodschas offenbar völlig sicher. Möglicherweise verhalf ihm ein aktueller Grenzstreit mit Thailand um ein Gebiet, auf dem der historische Hindutempel Preah Vihear steht, noch zu zusätzlicher Popularität. So kündigte Hun Sen schon vorher an, im Wahlkampf gar nicht erst mitmischen zu wollen. Auf diese Weise vermied er eine offene Konfrontation mit der zersplitterten Opposition. Die wirft ihm Wahlbetrug und Korruption vor.
Hun Sen wurde 1952 als drittes von sechs Kindern einer armen Bauernfamilie geboren. Ab 1970 kämpfte er auf Seiten der berüchtigten Roten Khmer im Bürgerkrieg. Dabei verlor er ein Auge. 1975 bis 1977 diente er als Regionalkommandeur der Roten Khmer im Osten des Landes. Dann aber lief er zum Gegner Vietnam über – angeblich wegen ideologischer Differenzen mit der eigenen Führung. Später behauptete er, schon seit 1975 gegen das Pol-Pot-Regime gewesen zu sein.
Als Mitglied der vietnamesischen Invasionsarmee half Hun Sen mit, im Januar 1979 das Terrorregime der Roten Khmer zu beenden. In der von Hanoi installierten Regierung stieg der Ehrgeizige schnell auf: Er wurde Außenminister und 1985 schließlich Regierungschef.
Seitdem hat der Vater von sechs Kindern seine Macht ausgebaut. Bei den von den UN beaufsichtigten Wahlen 1993 kam seine Partei zwar nur auf Rang zwei. Doch wurde er neben dem „ersten“ Ministerpräsidenten Prinz Norodom Ranariddh „zweiter“ Premier. Seinen Widersacher konnte er später absetzen. 2003 gewann Hun Sen dann, seine CPP verfehlte jedoch die damals zur Regierungsbildung nötige Zweidrittelmehrheit. Erst später konnte der König die Blockade durch Vermittlung aufheben.
Mit politischen Gegnern ging Hun Sen nie zimperlich um. Immer wieder ließ er Aktivisten, Journalisten und Gewerkschafter verhaften. Beobachter sehen Kambodscha bereits auf dem Weg zu einem totalitären Staat. Im Hinblick auf das UN-geführte Völkermord-Tribunal, vor dem sich fünf Ex-Rote-Khmer-Führer verantworten müssen, wird ihm vorgeworfen, die Prozesse jahrelang hinausgezögert zu haben.
2007 erklärte er bei einer Schulfeier, dass seine eigene Adoptivtocher lesbisch sei. Zwar habe er gelernt, dass dies akzeptabel sei, doch ertrage er es nicht in seiner eigenen Familie. Er enterbte die Frau, rief die Bevölkerung aber zugleich zur Akzeptanz gegenüber Homosexuellen auf. NICOLA GLASS