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Archiv-Artikel

Stadt verschenkt Schulen

Neuer schwarz-grüner Haushaltstrick: Der städtische Baukonzern Saga bekommt alle Hamburger Schulen geschenkt und saniert sie auf Pump. Die Stadt macht so offiziell keine neuen Schulden

Die Saga

Der aus zwei eigenständigen Genossenschaften im Jahr 1999 gebildete Konzern Saga / GWG ist Deutschlands größtes kommunales Wohnungsunternehmen. Er verwaltet etwa 133.000 Wohnungen, die meisten davon Sozialwohnungen. Hinzu kommen 1.575 Gewerbeobjekte. Im vergangenen Jahr machte das Unternehmen mit 919 Beschäftigten bei einem Umsatz von rund 815 Millionen Euro einen Überschuss von 86,2 Millionen Euro. Die jährlichen Investitionen des zu 100 Prozent der Stadt Hamburg gehörenden Unternehmens betragen 200 bis 300 Millionen Euro. In den vergangenen zehn Jahren hat die Saga / GWG insgesamt drei Milliarden Euro in Hamburg investiert.  SMV

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Es ist ein finanzpolitischer Trick der besonderen Art, der in der schwarz-grünen Koalition diskutiert wird: Sämtliche gut 400 Schulen Hamburgs sollen dem städtischen Wohnungsbauunternehmen Saga / GWG übereignet werden, damit dieses über Kredite die notwendigen Investitionen für Sanierung oder Neubau von Schulen finanzieren kann.

„Das ist eine Lösung, die sehr viel Charme hat“, sagt Jens Kerstan, Fraktionschef und Haushaltsexperte der GAL-Fraktion in der Bürgerschaft. Zurzeit werde dieses Modell in der Koalition „intensiv geprüft“. Kerstan geht davon aus, dass auf der Haushaltsklausur des Senats am 1. und 2. September „Klarheit über diesen Weg herrscht“.

Der vom Grünen diagnostizierte „Charme“ besteht darin, dass die Stadt keine neuen Schulden machen müsste, sondern das Pumpen auf die städtische Gesellschaft verlagert. Im offiziellen Haushalt der Stadt, der für die Jahre 2009 / 2010 derzeit erarbeitet wird, würden diese Kredite nicht auftauchen. Den Verdacht, das sei eine juristisch fragwürdige „versteckte Kreditaufnahme“, weist Kerstan schulterzuckend zurück: „Ich finde, es ist eine phantasievolle Lösung.“

Auf mindestens drei Milliarden Euro wird der Instandsetzungsstau an Hamburgs Schulen nach einer internen Berechnung der Bildungsbehörde veranschlagt. Das größte Problem sind die Nachkriegsbauten aus den 1950er Jahren, die häufig mit minderwertigen Materialien errichtet wurden. Aber auch viele Betonmonster der 1970er Jahre müssen dringend saniert werden. Hinzu kommen erhöhte bauliche Anforderungen aus Klimaschutzgründen.

Dass Saga / GWG offenbar in der Lage ist, mit Gebäuden und Grundstücken zügiger und effektiver umzugehen als eine Behörde, zeigen erste Ergebnisse aus dem Süden Hamburgs. Seit Sommer vorigen Jahres modernisiert und bewirtschaftet das Tochterunternehmen GWG Gewerbe im Auftrag der Schulbehörde in Harburg, Wilhelmsburg und Finkenwerder 32 Schulen. Der Vertrag über diese Öffentlich-öffentliche Partnerschaft (ÖÖP) läuft über 25 Jahre und umfasst 650 Millionen Euro. Bis 2012 sollen die Sanierungen abgeschlossen sein, die Bewirtschaftung, die auch die Beschäftigung der Hausmeister mit einschließt, läuft bis 2032. Dieses Modell ist laut Geschäftsbericht 2007 der Saga / GWG „in der Zukunft offen für weitere Schulen“.

Bei dem jetzt von Schwarz-Grün angedachten Deal dürften für das Unternehmen mehrere Grundstücke zur lukrativen Weiterverwertung anfallen. Nicht alle Schulen werden auf Dauer erhalten bleiben – das eine oder andere attraktive Grundstück könnte gewinnbringend mit Wohn- und Gewerberaum neu bebaut werden.

„An uns ist niemand offiziell herangetreten“, sagte Saga-Sprecher Mario Spitzmüller auf Anfrage der taz. „Die Frage der Schulsanierung wird vom Senat entschieden. Das warten wir ab.“ Skeptisch zeigte sich SPD-Fraktionschef Michael Neumann: „Schulen dürfen nicht auf Kosten von Sozialmietern saniert werden.“ Saga / GWG könnte die Mieten erhöhen, um Kredite und Zinsen abzustottern, fürchtet er.

Das Modell ähnelt einem anderen schwarz-grünen Plan. Danach soll die städtische Hamburg Port Authority (HPA) die Hafengrundstücke übernehmen und beleihen. Mit den Krediten und den zu erwartenden Einnahmen aus Mieten und Pachten soll sie aus eigener Kraft die Kais weiter ausbauen. Dieses Konzept, das kurz vor der Umsetzung steht, hätte gleichfalls das, was Kerstan „Charme“ nennt: Es entlastet den Haushalt der Stadt von gepumpten Millionen.