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Archiv-Artikel

Wachsen und widerstehen

Zwei Festivals, unterschiedliche Wege: In Wilhelmsburg kommen Avantgarde, Kunst und Stars beim „Dockville“ zusammen. An der Norderstedter „Costa Kiesa“ feiert man dagegen auf dem „Schall & Rausch“ gegen Kommerz

Ein beachtliches Line-Up hat das zweite Dockville-Festival auf der Wilhelmsburger Elbinsel da aufgefahren: Für Hip-Hop-FreundInnen gibt es „Fettes Brot“ und „Deichkind“, andere werden bei „Tomte“ und Bernd Begemann mit seiner „Befreiung“ glücklich, „Superpunk“ gesellen sich zur „Frank Spilker Group“ und auch die Jetzt-Erst-Recht-Rocker „Sport“ sind mit von der Partie. Ordentlich Radau machen die Youngsters von „1000 Robota“, die anderen tanzen zu „Ja König Ja“ oder wiegen die Hüften zu den Gitarren der „Ricky Kings“.

Drei Tage dauert das diesjährige Dockville denn auch schon und zur Haupt- ist eine alternative zweite Bühne hinzugekommen. Hier soll vor allem der „kreative Underground“ Platz haben, dazu gehört, ja genau, „Punkrock, Avantgarde, wilde Performance, Elektro und komplett nicht Kategorisierbares“. Und auch an DJs wird nicht gespart. Elektronisches servieren unter anderem DJ Phono, Egotronic, Juri Gagarin und „akaak“, den Indie-Floor bespielen KissKiss- und Revolver-Club, um Soul kümmern sich For Dancers Only, Carsten Meyer und Stefan Rath. Und auch in jenem merkwürdigen Kunst-Gebilde „Western-Fischer-Dorf“ werden Platten aufgeworfen.

Denn auch Kunst gibt es dieses Jahr wieder, schließlich ist man explizit „Festival für Musik und Kunst“. Unter der klangvollen Schirmherrschaft von Daniel Richter entsteht, erdacht und erbaut von Jakobus Siebels, vor allem „DockVilles“, ein kleines „Western-Fischer-Dorf“ eben aus Holzhütten, Bühne und Ausstellungsräumen. Dazu gibt es auf dem ganzen Gelände unterschiedliche Arbeiten und Projekte zu sehen.

Wie es für ein richtiges Festival gehört, kann auch gecampt werden: ab Freitag um 12 Uhr auf einer großen Wiese neben dem Festivalgelände. Bleiben kann man bis Montag um 12 Uhr. Die Anreise sollte aber gut geplant werden: Parkplätze gibt es nämlich keine. Wer schlau ist, fährt also Bus, Bahn und Fahrrad. Letzteres spart zudem auch noch Geld, denn das muss man für das Ganze schon bezahlen, trotz solventer Sponsoren, IBA- und Kulturstiftungs-Unterstützung.

Eine ganz andere Geschichte hinter und vor sich hat das Festival „Schall & Rausch“, das seit 15 Jahren an der „Cosa Kiesa“ genannten Kiesgrube in Norderstedt stattfindet, selbstverwaltet und unkommerziell, „ein erleb- und fühlbarer Ausdruck eines Bedürfnisses nach einer Gesellschaft ohne Unterdrückung, Ausbeutung und Intoleranz“. Die Kiesgrube im Norderstedter Stadtpark wird seit Jahren kostenlos und frei genutzt: zum Grillen, Schwimmen, Partyfeiern. Doch 2011 soll damit Schluss sein: eine Landesgartenschau findet dort statt, für 20 Miollionen Euro wird der See zubetoniert, eingezäunt und nur noch gegen Geld zugänglich sein. Das Sahnehäubchen: eine Wasserski-Anlage.

Deswegen gibt es dieses Jahr nicht nur Bands überwiegend aus dem bodenständigen Punk-Bereich, Disko, Vokü, Kino, Baden und Zelten umsonst, sondern auch Diskussionen über die Bedeutung von Freiräumen und ein Blockadetraining „mit Blick auf das Klima- und Grenzcamp“. Mehr Infos finden sich unter www.schallundrausch-festival.de und www.keinekommerzkiesa.org.

Parkplätze gibt es auch hier keine, am besten beraten sind RadlerInnen, der Bahnhof ist ein Stück weg. Und Trinkwasser muss man sich selbst mitbringen, auf dem Gelände läuft keins.ROBERT MATTHIES

Dockville: Fr, 15. 8. – So, 17. 8., Elbinsel Wilhelmsburg Schall & Rausch: Fr, 15. 8. – So, 17. 8., Kiesgrube im Stadtpark Norderstedt