: Kanzler und Abgekanzelter
In der „Duelle“-Reihe messen sich diesmal Helmut Kohl (CDU) und Franz Josef Strauß (CSU) – mit dem dynamischen Doppelporträt eröffnet die ARD die Erinnerung an Strauß zu dessen 20. Todestag
VON RENÉ MARTENS
Am 3. Oktober jährt sich zum 20. Mal der Todestag von Franz Josef Strauß, und mit einem gewissen medialen Wirbel ist zu rechnen. Da hat sich Michael Wech mit der Doku „Helmut Kohl gegen Franz Josef Strauß“ bereits einen Vorsprung erarbeitet.
Der Film, der in der Reihe „Duelle“ läuft, rekapituliert den Machtkampf zwischen den Schwergewichten. Dramaturgischer Höhepunkt: die Eskalation der Rivalität im Jahre 1976. Kurz nachdem Kohl als Kanzlerkandidat der CDU/CSU gescheitert ist, droht Strauß, die Fraktionsgemeinschaft aufzukündigen und die Christsozialen bundesweit antreten zu lassen, woraufhin der Rivale kontert, dass in diesem Fall die andere C-Partei nach Bayern expandieren werde. In seiner berüchtigten „Wienerwald“-Rede versteigt sich Strauß damals in eine Fehlprognose: „Helmut Kohl wird nie Kanzler werden. Ihm fehlen die geistigen, charakterlichen und politischen Voraussetzungen.“
Kohl sei „der Kältere“ von beiden gewesen, sagt Monika Hohlmeier, die Tochter von Franz Josef Strauß, und dessen Sohn Franz Georg ist bis heute erbost über eine Begebenheit aus dem Jahre 1984: Ausgerechnet am Abend vor der Beisetzung von Strauß’ Gattin Marianne habe der damalige Kanzler Kohl ein wichtiges Telefonat mit dem alten Antipoden führen wollen. Die Ablösung Otto Lambsdorffs als Wirtschaftsminister stand bevor, Strauß wäre der prädestinierte Nachfolger gewesen. Der hatte naturgemäß andere Dinge im Kopf und lehnte das Angebot ab – was Kohl einkalkuliert habe, so die Strauß-Sprösslinge.
Tenor des Films ist, dass der Netzwerker aus Rheinland-Pfalz dem Temperamentsbolzen Strauß strategisch überlegen war. Mehrmals habe Kohl „Strauß auflaufen lassen, das konnte er gut“, sagt Ex-Spiegel-Chef Erich Böhme. Kohl wusste wohl, dass er aus biologischen Gründen – Strauß war 15 Jahre älter – das Duell langfristig für sich entscheiden würde, zumal man dem Bayern kaum einen gesundheitsbewussten Lebensstil nachsagen konnte.
Gewöhnungsbedürftig sind die Szenen, in denen Schauspieler nachstellen, wie die Politiker staatsmännisch im Wald flanieren oder sich im Kanzleramt im Wirtshausstil angiften. Dennoch: Durch die Zuspitzung der Doppelbiografie auf die Rivalität entsteht eine Dynamik, an der es herkömmlichen Politikerporträts mangelt.
„Duelle: Helmut Kohl gegen Franz Josef Strauß“, 21 Uhr, ARD