: Noch Zeit für viele Zigaretten
Der Senat befürwortet ein totales Rauchverbot in Kneipen und Gaststätten, wünscht sich aber vor allem eine bundeseinheitliche Regelung. Nun soll beraten werden, wie man dies am effektivsten erreichen kann
In den kommenden Wochen will sich der Senat erneut mit der Umsetzung des Rauchverbots in Kneipen beschäftigen. Zwar ginge es noch nicht darum, einen neuen Gesetzentwurf zu erarbeiten, sagte Marie-Luise Dittmar, die Sprecherin von Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke). Erste Weichen sollten indes gestellt werden. „Grundsätzlich sind wir für eine bundeseinheitliche Regelung“, so Dittmar.
Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Ende Juli steht fest, dass das Berliner Nichtraucherschutzgesetz (NRSG) überarbeitet werden muss. Die Karlsruher Richter hatten klargemacht, dass, wenn Ausnahmen erlaubt würden – durch separate Raucherräume – kleine, sogenannte Einraum-Gaststätten nicht benachteiligt werden dürften. Dort darf seit dem Urteil wieder geraucht werden, wenn bestimmte Bedingungen beachtet werden (siehe Kasten). Möglich wäre allerdings auch ein totales Rauchverbot – ohne jede Ausnahme. Ein solche Regelung wünscht sich der Senat. „Das strikte Rauchverbot in Gaststätten ist vom Gesetzgeber erlaubt worden und wird auch nach dem Karlsruher Urteil aus Sicht der Gesundheitsverwaltung angestrebt“, sagte Dittmar.
Auch Harald Terpe, Gesundheitsexperte der Grünen, spricht sich gegen ein Gesetz mit Ausnahmereglungen und für ein konsequentes Rauchverbot aus. Für die Grünen wäre ein bundesweiter Nichtraucherschutz erstrebenswert, der im Arbeitsschutzgesetz verankert würde. „Die Wirte hatten schon vor dem Rauchverbot die Wahl, ob in ihrer Kneipe geraucht werden darf.“ Würden hingegen Ausnahmen weiter erlaubt, wäre der Schutz vor dem Passivrauchen stark eingeschränkt. „Den Gästen blieben kaum Wahlmöglichkeiten“, so Terpe.
Der Vorsitzende des Nichtraucherbunds Berlin, Wolfgang Behrens, begrüßt das Urteil. Ausnahmeregeln seien immer gefährlich und könnten zu Benachteiligungen führen. „Wir erhoffen uns durch diese Problematik natürlich eine strikte Lösung vom Gesetzgeber“, so Behrens.
Anders sieht das der Gesundheitsexperte der CDU, Gregor Hoffmann. Er hält die Ausnahmereglungen in Berlin für sinnvoll und sieht in der Wahlfreiheit der Wirte ein hohes Gut. „Der Nichtraucherschutz soll gewährleistet sein. Dennoch ist es wichtig, in der Neuregelung des Gesetzes Ausnahmereglungen zu verankern“, sagte Hoffmann. Das neue Gesetz soll mit passgenauen Ausnahmereglungen für die Kneipenlandschaft der Wahlfreiheit von Gast und Wirt nachkommen, so Hoffmann. Es gebe in Berlin genügend Alternativen für Raucher und Nichtraucher. Auch die Regelung des Nichtraucherschutzes auf Landesebene hält Hoffmann für richtig. „In jeder Region gibt es andere gastronomische Voraussetzungen, die das jeweilige Land berücksichtigen sollte.“
Immerhin: Alle Stimmen sprechen sich für eine schnelle Neuregelung des Nichtraucherschutzgesetzes aus. Ob es jedoch so flott geht, ist fraglich. Nach Auskunft der Senatsverwaltung tagen Anfang September die Landesminister für Gesundheit, für Oktober sei eine Ministerpräsidentenkonferenz geplant. Offiziell haben sie laut Bundesverfassungsgericht bis Ende 2009 Zeit, ein neues Gesetz zu verabschieden. LINDA HORN