: Liberale kritisieren Traueranzeige für Häftling
FDP wirft Linken-Abgeordneten „Stimmungsmache“ vor, weil sie nach einem Suizid Haftbedingungen kritisierten
Wegen einer Traueranzeige für den 16-jährigen Ibourahima Keita, der sich Mitte Juli im Jugendvollzug der JVA Oslebshausen erhängt hatte, wirft die FDP den Linken-Abgeordneten Sirvan Çakici und Monique Troedel vor, „Anteilnahme“ für einen „Aufruf zum politischen Kampf“ zu instrumentalisieren. „Die Pietät verbietet einen solchen Missbrauch,“ sagte der FDP-Rechtspolitiker Oliver Möllenstädt.
Am Samstag war in mehreren Bremer Zeitungen eine Traueranzeige für den unbegleiteten Flüchtling aus der Elfenbeinküste erschienen. Außer Troedel und Çakici hatten auch namhafte Bremer Anwälte, Kriminologen, Jura-Professoren und Sozialarbeitern diese unterzeichnet. In der Anzeige hatten sie die Umstände von Keitas Tod als „für uns nicht genügend aufgeklärt“ bezeichnet. Weiter riefen sie dazu auf, „dafür zu kämpfen, (...) die Lebensbedingungen (...) zu verändern, die Ibourahima in den Tod getrieben haben und die auch andere minderjährige Häftlinge an ihrer Situation verzweifeln lassen.“
Möllenstädt kritisierte das: „Hier werden indirekt die Lebensumstände im Jugendvollzug für den Tod des Häftlings verantwortlich gemacht.“ Dabei würden „Hintergründe angedeutet, die bisher unbewiesen sind“. Möllenstaedt, der auch Vorsitzender des Bürgerschafts-Rechtsausschusses ist, sagte, er sei vom Justizressort „eingehend“ über den Vorfall aufgeklärt worden. „Nach unserer Kenntnis gibt es bisher keine ausreichenden Hinweise darauf, dass die Lebensumstände im Jugendvollzug ursächlich für den Freitod waren“, so der Rechtspolitiker.
„Wenn Herr Möllenstädt keine Fragen mehr hat, dann ist das schön für ihn“, sagte die Linke-Fraktionsvorsitzende Monique Troedel. „Ich habe die Anzeige unterzeichnet, weil ich betroffen und traurig darüber bin, dass ein junger Mensch den Tod erstrebenswerter fand, als sein Leben im Gefängnis.“ Der Suizid sei umso tragischer, weil er in staatlicher Obhut stattgefunden habe. Offenbar habe es sich bei dem Toten um einen ehemaligen Kindersoldaten gehandelt. „Dieser hätte statt ins Gefängnis in eine Therapie gehört“, sagte Troedel. „Wir alle hätten in diesem Fall viel früher reagieren müssen.“ Das Justizressort wollte die Debatte nicht kommentieren und verwies darauf, dass die Staatsanwaltschaft den Fall „vollständig aufgeklärt“ habe. cja