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Archiv-Artikel

Lehrer ohne Pension

Gut ausgebildete Lehrer verlassen reihenweise Berlin. Trotzdem will der Senat sie nicht wieder verbeamten

Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) weist Medienberichte zurück, nach denen er junge Lehrer in Zukunft wieder verbeamten wolle. Das stünde derzeit nicht zur Debatte, erklärte Zöllner nach der Senatssitzung am Dienstag. Viele vor allem junge Lehrer kehren Berlin den Rücken, weil sie in anderen Bundesländern besser bezahlt werden. So ist auch der Beamtenstatus, der in anderen Ländern noch gewährt wird, ein wichtiger Vorteil im Wettbewerb um gut ausgebildete Fachkräfte. „Ich sehe in der Abwanderung kein aktuelles Problem“, so Zöllner, der die „Entwicklung der Bewerberlage“ bislang nur beobachte. In Berlin hat der Senat 2004 beschlossen, frisch ausgebildete Lehrer nicht mehr zu verbeamten.

Andere Länderregierungen haben das Problem des Fachlehrermangels längst erkannt – und ganze Abwerbungskampagnen losgetreten. Baden-Württemberg zum Beispiel schaltete im Juli deutschlandweit Zeitungsanzeigen, in denen es ausdrücklich mit dem Beamtenstatus lockte. Hessen und Nordrhein-Westfalen werben sogar damit, Lehrer auch rückwirkend zu verbeamten.

Der Beamtenstatus lohnt sich. „Dabei geht es immerhin um bis zu 900 Euro mehr im Monat für die Pädagogen“, gibt Jürgen Schulte vom Gesamtpersonalrat der Berliner Lehrer und Erzieher zu bedenken. Zurzeit würde jeder dritte junge Lehrer die Stadt verlassen, so Schulte, zugunsten besserer Arbeitsverhältnisse in anderen Bundesländern.

Um diesem Trend entgegenzuwirken, schlug der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Müller vor wenigen Wochen vor, den Entschluss von 2004 noch einmal zu überdenken – und stieß damit auf Ablehnung beim Koalitionspartner Linkspartei und allen anderen Fraktionen im Abgeordnetenhaus. „Das hat mit eigenverantwortlicher Schule nichts mehr zu tun“, sagte etwa Sascha Steuer, bildungspolitischer Sprecher der CDU. Die Union, Grüne und die FDP fordern vielmehr eine bessere Bezahlung der Berliner Lehrer. Auch diese Möglichkeit möchte Bildungssenator Zöllner nicht ausschließen: „Ich denke über sehr vieles nach.“ SOPHIA WISTEHUBE