piwik no script img

Archiv-Artikel

Und immer grüßt die NPD

Dass sich der NPD-Stadtrat Friedrich Preuß auf offiziellen Empfängen profilieren kann, ist in der 25.000-Einwohner-Stadt Helmstedt ein ganz gewöhnlicher Vorgang. Der parteilose Bürgermeister stört sich bislang nicht daran

VON REIMAR PAUL

Als Helmstedts parteiloser Bürgermeister Heinz-Dieter Eisermann und andere Vertreter der Kommune kürzlich im Rathaus Schülerinnen und Schüler aus der US-amerikanischen Partnerstadt Albuquerque begrüßte, war auch der NPD-Fraktionsvorsitzende Friedrich Preuß zugegen. Was andernorts möglicherweise einen Skandal ausgelöst hätte, ist in der 25.000-Einwohner-Stadt im Osten Niedersachsens ein ganz gewöhnlicher Vorgang.

Seit er 2006 in den Helmstedter Rat und zum Vorsitzenden der zweiköpfigen NPD-Fraktion gewählt wurde, ist Friedrich Preuß bei etlichen Empfängen, Jubiläen und sonstigen offiziellen Terminen dabei. So auch Ende Mai bei einem Empfang im Rathaus für den Abschlussjahrgang 1958 des Helmstedter Gymnasiums. Für die angereisten Alt-Abiturienten hielt die stellvertretende Bürgermeisterin Margrid Niemann (SPD) eine kleine Ansprache, an ihrer Seite saß NPD-Mann Preuß.

Friedrich Preuß, Jahrgang 1943 und gelernter Landmaschinenschlosser, ist nicht nur Ratsherr in Helmstedt, sondern auch stellvertretender NPD-Vorsitzender in Niedersachsen. Zeitweise saß er sogar im Bundesvorstand. Er ist zugleich der Jüngere eines Bruderpaares, das zu den erfolgreichsten rechtsextremen Kommunalpolitikern Deutschlands zählt. Adolf Preuß sitzt seit 1968, mit lediglich einer Unterbrechung, im Rat der niedersächsischen Gemeinde Süpplingen. Seit 1988 repräsentierte er dort auch die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde als Vorstandsmitglied. Zwar schloss ihn der Propsteivorstand nach Protesten im vergangenen Dezember von diesem Amt aus, doch Adolf Preuß hat Beschwerde eingelegt und über den Rauswurf ist noch nicht endgültig entschieden (taz berichtete).

Helmstedts Bürgermeister stört sich bislang nicht daran, dass Friedrich Preuß die Möglichkeit zu öffentlichen Auftritten nach Herzenslust nutzt. Eisermann argumentiert, dass eine Ungleichbehandlung der NPD nicht möglich sei. Sie sei im Stadtrat mit zwei Abgeordneten vertreten, habe deshalb Fraktionsstatus und da alle Fraktionsvorsitzenden bei offiziellen Anlässen eingeladen würden, gelte das eben auch für Preuß. Man könne den NPD-Mann nicht einfach ausschließen, ohne ein rechtliches Risiko einzugehen. „So lange die NPD als Partei zugelassen ist, kann es nicht Aufgabe einer Kommune sein, sich Tricks einfallen zu lassen, um sie von der öffentlichen Bühne fernzuhalten“, sagt Eisermann. Unterstützung erhält er vom Helmstedter Bürgerforum, auf dessen Ticket der Bürgermeister zur jüngsten Kommunalwahl antrat.

Kritik an der NPD-Teilhabe kommt vom Rektor des örtlichen Gymnasiums, Friedrich Jungenkrüger. Er erklärte nach dem Besuch der Schüler aus Albuquerque, es sei „dem guten Ruf unserer Schule abträglich, wenn unsere Gäste aus den USA von einem Rechtsextremisten begrüßt werden“. Für sein Gymnasium, das den Titel „Schule ohne Rassismus“ trägt, sei das eine ganz und gar unzumutbare Situation. Auch der Sprecher der Helmstedter Linken, Karl-Heinz Schmidt, empört sich. Die Anwesenheit des NPD-Mannes bei Empfängen und die Rechtfertigung des Bürgermeisters könnten nicht länger hingenommen werden. Die NPD sei „verfassungswidrig, ausländerfeindlich und rassistisch. Diese Partei darf niemals politisch hoffähig gemacht werden“.

4,6 Prozent erhielt die NPD bei der Kommunalwahl 2006. Die Linke ist im Kommunalparlament nicht vertreten. Stattdessen erhielt Sprecher Schmidt vor zwei Jahren eine anonyme Morddrohung. Der Verfasser des Briefes bezeichnete den Linkspolitiker als „Volksverräter“ und „dreckiges Deutschenhasserschwein“ und drohte ihm die Abtrennung von Armen und Beinen an. Schmidt erstattete Anzeige gegen Unbekannt. Das daraufhin eingeleitete Ermittlungsverfahren hat die Staatsanwaltschaft inzwischen eingestellt, „da es nicht möglich ist, einen Täter zu ermitteln“.