: Ein peinlicher Auftritt
Ex-Programmchef des HR erhöht im Emig-Prozess Druck auf den Intendanten: „Das hat Herr Reitze abgewickelt“
Für Helmut Reitze wird es eng: Nach Aussagen seines ehemaligen Programmdirektors im Emig-Korruptionsprozess soll der Intendant des Hessischen Rundfunks (HR) bereits 2003 Kenntnis von brisanten Beschwerden eines Sportveranstalters gehabt haben, der überzogene Forderungen der für den HR tätigen Agentur SMP moniert hatte. Conrad dagegen erklärte, mit dem Vorgang nicht befasst gewesen zu sein: „Das hat Herr Reitze allein abgewickelt, dazu müssen Sie ihn befragen.“
Der Organisator des Triathlon-Rennens Ironman Frankfurt, Kurt Denk, hatte in der vergangenen Woche ausgesagt, dass er sich 2003 bei der hessischen Landesregierung über die Höhe der vom damaligen HR-Sportchef Emig geforderten Produktionskostenzuschüsse beschwert habe. Die Regierung habe das Schreiben an Reitze weitergeleitet, der ihm auch geantwortet habe. Der Intendant habe dabei die hohe Summe nicht in Zweifel gezogen. Denk hatte einen Kostenzuschuss in Höhe von 95.000 Euro an die zwischengeschaltete Agentur SMP geleistet, bei der Emigs Ehefrau stille Teilhaberin war. SMP soll laut Anklage jedoch nur 30.000 Euro an den HR weitergeleitet haben.
Die Anklage gegen Emig, der im Frühjahr 2004 als Sportchef des HR abgelöst wurde, lautet unter anderem auf Bestechlichkeit, Betrug und Untreue.
Gerüchte über SMP
Welche Rolle die SMP spielte, war im Sender außerdem sehr wohl Thema – wenn auch laut Conrad auf eher merkwürdige Weise: „Es hat keine Gerüchte gegeben, wonach Emig von den Geschäften der SMP Geld einsteckte, wohl aber, ob das bei seiner Frau der Fall war.“ Der HR, mindestens aber sein Exprogrammchef Conrad, ging also von einer getrennten Familienkasse aus?
Getrennte Kassen?
So viel Naivität ist schwer vorstellbar, und die Frage, wer im Sender gewusst hat, dass Emig hinter der Agentur steckte, stellt sich immer lauter. Und war HR-Funktionären gar frühzeitig bekannt, dass Emig mittelbar selbst profitierte?
Laut Conrad, Emigs ehemaligem Chef, wurde auf den Senderfluren gemunkelt, Emig stehe dieser Agentur „vielleicht nahe“. Ein anderes Gerücht habe besagt, dass „man sich beim HR einkaufen konnte“. – Verdachtsmomente gab es also en masse.
Auf die mehrfache Frage des vorsitzenden Richters, ob der Sender daraufhin Nachforschungen betrieben habe, sagte Conrad, damit habe sich durchaus die Innenrevision beschäftigt. Ohnehin seien alle mit der SMP abgeschlossenen Verträge von Hausjuristen geprüft worden – mit stets positivem Ergebnis. Ob der ebenfalls als Zeuge geladene Chefrevisor aber tatsächlich wusste, was hinter den Kulissen lief, wird ihn das Gericht erst Mitte September fragen.
Auf die allerdings nahe liegende Frage, ob Conrad als verantwortlicher Programmchef denn nicht Emig direkt mit dem Vorwurf konfrontiert habe, er sacke Provisionen ein, sagte der Ex-HR-Funktionär gestern allen Ernstes: „Auf diese Idee bin ich nicht gekommen.“
Am Mittwoch geht der Prozess in die nächste Runde. Dann muss HR-Intendant Helmut Reitze Rede und Antwort stehen.
DANIEL BOUHS, Frankfurt/M.