piwik no script img

Archiv-Artikel

Anschluss geschafft

Im dritten Versuch holen die Bayern erstmals drei Punkte unter Jürgen Klinsmann. Selbst Klose trifft beim 4:1 Sieg

MÜNCHEN taz ■ Plötzlich schwirrten rund um den FC Bayern noch einmal die ganz großen Namen durch die Luft: Dimitar Berbatow, Andrej Arschawin, Anatoli Timoschtschuk. Sie alle galten als mögliche Zugänge auf den letzten Drücker. Ausgelöst hatte die Spekulationen Bayernmanager Uli Hoeneß, der am Donnerstag nicht nur die Verpflichtung des Italieners Massimo Oddo bekanntgab, sondern zugleich in den Raum stellte, das sei möglicherweise nicht das letzte Wort gewesen, bevor an diesem Montag die erste Transferperiode der Saison endet: „Wir haben noch finanziellen Spielraum, und den werden wir nutzen.“

Nur zwei Tage nach Hoeneß starken Worten war aber alles schon wieder anders. Zunächst verkündete Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge am Samstag, die Personalplanungen seien nun doch vorläufig abgeschlossen. Und Hoeneß ergänzte: „Wir gehen nicht mehr in die Festgeldabteilung. Wir halten alles Geld schön beisammen und schauen bis Weihnachten, wie die Mannschaft sich entwickelt.“ Nach dem Spiel gegen die Hertha darf Hoeneß sich vorerst bestätigt fühlen. Die Bayern gewannen nämlich souverän 4:1 (1:0) und haben vor der Länderspielpause mit nun fünf Punkten den Anschluss an die momentanen Spitzenteams geschafft.

Die Bayern starteten mit einer überraschenden taktischen Formation. Lucio, Demichelis und Daniel van Buyten bildeten hinten eine Dreierkette, flankiert von den etatmäßigen Außenverteidigern Christian Lell und Philipp Lahm, die ihre Position offensiver als gewohnt interpretierten. Offenkundig wollte Klinsmann seine zuletzt wacklige Hintermannschaft stabilisieren.

In der Anfangsphase ging Klinsmanns Idee ganz zu seiner Zufriedenheit auf. Weil die Gäste nur einen Ein-Mann-Angriff namens Marko Pantelic aufboten, hatten Lahm und Lell alle Freiheiten, sich ins Mittelfeldspiel einzubringen. Schon in der 12. Minute erzielte Luca Toni das 1:0. Mit einer schnellen Körpertäuschung kurz vor dem Strafraum hatte er Berlins Steve von Bergen abgeschüttelt und unversehens freie Bahn aufs Tor. Und solche Gelegenheiten lässt der Italiener sich nicht entgehen. In der Folge entfalteten die Bayern ein Kombinationsspiel, dem die Gäste wenig entgegenzusetzen hatten. Im Gegenteil: Indem sie stets höflich Abstand hielten, erleichterten sie den Münchnern die Arbeit ungemein. Bis auf ein kleines Solo von Raffael in der 18. Minute war von den Berlinern nichts zu sehen. Der zuletzt vortreffliche Pantelic war mangels Zuarbeit aus dem Mittelfeld fast völlig vom Spiel abgekoppelt.

Doch erst in der 54. Minute bauten die Bayern ihren Vorsprung aus. Philipp Lahm schlenzte den Ball mit dem rechten Fuß ins lange Eck. Es war eine weitere Variation seines berühmten Tores gegen Costa Rica von der WM 2006. Auf diese Art, Tore zu schießen, kann Lahm bald ein Patent anmelden. Nur zwei Minuten später nutzte Bastian Schweinsteiger die Gelegenheit eines umstrittenen Foulelfmeters zum 3:0. In der 70. Minute brandete in der Arena plötzlich ein Extra-Applaus auf. Schiedsrichter Michael Kempter hatte nämlich schon wieder auf Elfmeter entschieden. Und diesmal nahm sich Miroslav Klose, die personifizierte Sinnkrise eines Angreifers, den Ball. Und siehe da: Er traf. An diesem Abend funktionierte alles. Zumindest bis zur 84. Minute, als Marko Pantelic plötzlich allein auf das Tor zustürmte und das 4:1 erzielte. Doch das interessierte kaum noch jemanden außer Pantelic selbst. SEBASTIAN KRASS