: „Eher wie ein Krankenhaus“
Dänemarks Königin Margrethe eröffnet in Schleswig eine Schule, ein Geschenk des Reeders und Milliardärs Maersk. Hier wird auf dänisch unterrichtet, der Mäzen will die Minderheit in Südschleswig stärken. Manche finden den 70 Millionen Euro-Bau zu klobig. Und: „Echte“ Dänen sind selten geworden
VON ESTHER GEISSLINGER
Die Mädchen werden langsam unruhig. Seit neun Uhr warten sie. Dabei kommt die Königin erst um zehn. Jorun Marie (12) erzählt ihren Nachbarinnen Jana und Sophie, dass sie die Nacht kaum geschlafen hat. Aber nun könnte es allmählich losgehen, finden die drei, die wie ihre Mitschüler in der großen Turnhalle der A. P. Møller-Skolen in Schleswig sitzen. Dabei war eine Zeit lang fraglich, ob sie überhaupt dabei sein dürfen, bei der feierlichen Eröffnung ihrer neuen Schule – schließlich reisen heute jede Menge wichtige Leute an. Darunter die dänische Königin Margrethe II., der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) und natürlich der Geldgeber, Arnold Maersk Mc-Kinney Møller.
Aber eine Schuleröffnung ganz ohne Kinder wäre wohl doch etwas komisch gewesen. Also dürfen die Kleinen mitfeiern, auf den hinteren Plätzen der Halle, alle in weißen Hemden mit dem Bild der neuen Schule. 14.500 Quadratmeter ist sie groß, aus den Fenstern geht der Blick auf die Schlei, in Sichtweite erhebt sich der Schleswiger Dom. Der Bau ist ein Geschenk des Reeders und Milliardärs Arnold Maersk Mc-Kinney Møller an die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein. „Total cool“, findet Sophie (12) die Spende, Jana meint: „Das ist ein netter Mensch.“
Darüber gehen die Meinungen auseinander: Experten nennen die Reederei Maersk den „größten Profiteur der Globalisierung“, auf jeden Fall ist sie mit 500 Schiffen die mit Abstand größte Containerreederei der Welt. So war es zum 95. Geburtstag des Firmenpatriarchen im Juli dieses Jahres zu lesen.
Außerdem gehören Supermärkte, Fluggesellschaften und Medienbeteiligungen zum Konzern, der 110.000 Angestellte hat und Dänemarks Außenhandelsbilanz entscheidend mitprägt. Arnold Maersk Mc-Kinney Møller ist der reichste Mann Dänemarks, und bis heute regiert er in seinem Unternehmen und im Staate mit. Auch für seine großformatigen Geschenke, die über die nach seinen Eltern benannte „A.P. Møller und Hustru Chastine Mc-Kinney Møller“-Stiftung abgewickelt werden, ist er bereits bekannt: So erhielt die Stadt Kopenhagen eine Oper, an der der Geldgeber eifrig mitplante – nicht zur Freude aller Dänen. Viele finden das Haus zu protzig und meinen, es erdrücke das königliche Schloss optisch. Auch die neue Schleswiger Schule sei zu groß, sagen die Schülerinnen: „Eher wie ein Krankenhaus. Da verlaufen wir uns bestimmt anfangs“, fürchtet die 13-jährige Jana. Louise Christensen Witt dagegen, Pressesprecherin des Architektenbüros C.F. Møller, schwärmt: „Schon heute gilt die A.P. Møller-Skolen als schönste Schule Dänemarks.“ Rund 70 Millionen Euro hat der Bau aus gelben Ziegelsteinen gekostet. Kernstück ist die große Eingangshalle, von der eine breite Treppe in die oberen Stockwerke führt. 625 Kinder sollen hier lernen, modern ausgestattete Fach- und Klassenräume stehen dafür bereit. Arnold Maersk Mc-Kinney Møller, der Seite an Seite mit der Königin in den Saal eingezogen war, erinnert in seiner Rede daran, dass der dänische Staat früher wenig daran interessiert war, das Schulsystem für die Minderheit auszubauen. „Privatleute haben dazu beigetragen“, sagt er, bevor er die Besitzurkunde der Schule an die Vorsitzende des dänischen Schulvereins, Lone Schuldt übergibt und hofft, sein Geschenk werde „das dänische Element in Südschleswig weiter stärken“.
Schuldt wendet sich an Königin Margrethe. Deren Anwesenheit „bestätigt das Gefühl der Zusammengehörigkeit zwischen Regierung und Minderheit“. Die Monarchin erwidert in ihrer Rede, sie besuche die Minderheit immer gern. Sie lobt – wie zuvor Ministerpräsident Carstensen – das gute Verhältnis zwischen den Bevölkerungsgruppen in der Grenzregion. Carstensen betont außerdem, wie gut die Schule ins Land passe: „Das skandinavische Bildungssystem hat Erfolg, seine Einflüsse sind in unserem Schulgesetz erkennbar.“ Zu den Besonderheiten der dänischen Schulen in Deutschland gehört, dass die Kinder länger zusammen lernen, das gefällt vielen Eltern. Auch, dass der Unterricht – bis auf die Deutschstunden – ausschließlich auf Dänisch abgehalten wird, halten viele Menschen im Grenzgebiet für einen Vorteil. Der Arbeitsmark in Dänemark boomt. So besuchen zahlreiche deutsche Kinder die dänischen Einrichtungen, in vielen Klassen gibt kaum „echte Dänen“. Auch Jana, Sophie und Jorun Marie sind Deutsche. Sophie kann immerhin einen „halben dänischen Opa“ aufweisen, und Jana setzt eine Familientradition fort: Schon ihre Mutter besuchte eine dänische Schule.
Nach den Sonntagsreden folgt eine Musikaufführung, dann besichtigen die Königin und die weiteren Ehrengäste das Gebäude. Als Margrethe abgereist ist, werden die Türen der Turnhalle weit geöffnet, und die Kinder dürfen ihre neue Schule endlich in Besitz nehmen.