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Archiv-Artikel

„Einkommensteuer erhöhen, um die Unis zu bezahlen“

Will Straw, Oxford-Student und Sohn des britischen Außenministers, kämpft gegen Studiengebühren. Sein Alternativvorschlag: höhere Steuern

taz: Herr Straw, Absolventen von Oxford, wo auch Sie studieren, profitieren enorm von ihrem Studium. Warum sind Sie und Ihre Studentengewerkschaft trotzdem dagegen, diese Studierenden über Gebühren oder Studienkredite an den Ausbildungskosten zu beteiligen?

Will Straw: Viele Oxford-Absolventen haben finanziell etwas von ihrem Studium, aber eben nicht alle. Deshalb meinen wir, dass ein Gebührensystem der falsche Weg ist. Die Studienfinanzierung des Einzelnen sollte abhängig vom Einkommen gestaltet werden. Eine erhöhte Einkommensteuer wäre unseres Erachtens das geeignete Mittel, um die Unis zu bezahlen.

Glauben Sie ernsthaft, dass wegen der Studenten das Steuersystem umgebaut wird?

Unser Vorschlag ist ganz einfach: Alle, die mehr als 100.000 Pfund jährlich verdienen – das sind zum größten Teil Leute mit Hochschulabschluss – sollen einen erhöhten Spitzensteuersatz von 50 Prozent bezahlen.

Aber ist ein Studium denn keine Investition in die eigene Zukunft – für die der Absolvent auch individuell zahlen sollte?

Ein Studium bringt natürlich auch privaten Nutzen. Aber jede Erhöhung der Studiengebühren würde Schüler aus ärmeren Schichten und den unteren Mittelschichten noch mehr vom Studium abhalten als jetzt. Es entstünde ein Zweiklassensystem, in dem sich nur noch die Reichen eine Topausbildung leisten könnten. Es wäre das Ende des meritokratischen Systems, also der Möglichkeit, durch Leistung und Talent aufzusteigen.

Die Studenten in Oxford oder Cambridge sind bereits repräsentativer Querschnitt, was die Schichtenzugehörigkeit angeht. Gibt es das Zweiklassensystem nicht längst?

Einerseits ja: Über die Hälfte der Bewerber in Oxford kommen von Privatschulen, obwohl über 90 Prozent aller Kinder auf Staatsschulen gehen. Das heißt, allein das Angebot an Bewerbern ist nicht repräsentativ, weil sich Kinder aus ärmeren Elternhäusern gar nicht erst anmelden. Andererseits nein: Die Bewerbungen selbst werden ausschließlich nach Noten sortiert – nicht nach Elternhäusern. Es muss uns endlich gelingen, Kinder aus allen Schichten anzusprechen und die fähigsten von ihnen zu ermuntern, sich zu bewerben. Daran arbeiten wir. Aus der Sicht der Unis gibt es also kein Zweiklassensystem für Studierende, das vom Geldbeutel der Eltern abhängt.

Aber ein Klassensystem. De facto gibt es auch hier eine Ivy League wie in den USA.

Die Universitäten sollen um die beste Forschung miteinander wetteifern. Dazu müssen sie die besten Gehirne anwerben – aus allen Bevölkerungsgruppen. Der Vergleich mit den USA passt übrigens nicht: Es gibt hier keine Ivy League, und es sollte auch keine geben. Das US-Stipendien-System funktioniert nur dank großzügiger Schenkungen und Stiftungen. Das wird es hier in der Form nicht geben.

Wie wollen Sie Gebühren oder Kredite verhindern?

Gegenwärtig befinden wir uns in der Mobilisierungsphase. So wie in Cambridge werden wir prominente Absolventen bitten, auf den Vizekanzler Druck auszuüben, damit er sich von den Regierungsplänen distanziert.

Hilft es eigentlich, Sohn des Außenministers zu sein? Immerhin sind Sie eine Art Star der Bewegung geworden.

Ich glaube, die Sache mit dem Star ist etwas übertrieben. Ich werde mich weiterhin auf die Arbeit konzentrieren. Auch wenn ich dauernd auf meinen Vater angesprochen werde.

INTERVIEW: U. WINKELMANN