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Archiv-Artikel

Wer Ja sagt, muss auch kämpfen

„Verfahrensfragen sind politische Fragen“: Andreas Buro, langjähriger Friedensaktivist und -forscher, über Joschka Fischers Nicht-Nein zum Irakkrieg und die Chancen, dass die Vetomächte im UN-Sicherheitsrat einen Krieg noch verhindern könnten

Interview THOMAS KLEIN

taz: Herr Buro, Außenminister Joschka Fischer hat eine deutsche Zustimmung zu einem Irakkrieg im UN-Sicherheitsrat nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Überrascht Sie das?

Andreas Buro: Nein, überhaupt nicht. Denn Fischer hat bereits in einer sehr frühen Phase der Debatte immer wieder betont, dass es ihm darum gehe, einen Automatismus zum Krieg zu verhindern. Es ist in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen worden, dass dies keine klare Absage an einen Krieg war, sondern nur eine Aussage zu den formalen Prozeduren für eine Kriegsentscheidung. Hier müssen die Verfahrensfragen als politische Fragen gewertet werden.

Eine Zustimmung im UN-Sicherheitsrat muss doch keine Beteiligung nach sich ziehen.

Doch. Wenn die Bundesregierung sagt, „Deutschland stimmt dem Krieg zu“, muss sie auch Verpflichtungen übernehmen.

Demnach wäre Fischers Erklärung mehr als nur eine Kurskorrektur?

Richtig. Die ursprüngliche Position, die von Kanzler Gerhard Schröder vor der Bundestagswahl suggeriert wurde – die Regierung sei gegen einen Krieg und werde sich nicht daran beteiligen – ist damit ausgehebelt.

Dennoch wird Deutschland auch für den so genannten Antikriegskurs kritisiert.

Der grundsätzliche Kurs der rot-grünen Regierung in ihrer militärgestützten Außenpolitik folgt dem der Kohl-Regierung: Sie hält fest an der Aufstellung einer Interventionstruppe der EU. Obendrein stimmt sie einer Nato-Eingreiftruppe zu, die in der New York Times treffend als „Fremdenlegion der USA“ bezeichnet wurde. Entsprechend verkündet der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck, Verteidigung sei nicht mehr das Thema für die Bundeswehr, sondern Krisenbewältigung in aller Welt. Das heißt nichts weiter als Angriffskriege im globalen Maßstab.

Immerhin will die Regierung keine Soldaten in einen Irakkrieg entsenden.

Durch den jüngsten Beschluss des Bundestags, die Beteiligung an dem Kriegsprojekt „Enduring Freedom“ um ein Jahr zu verlängern, bleiben auch die „Fuchs“-Panzer und die deutschen Marineeinheiten in Nahost. Im Falle eines neuen Krieges wird nicht mehr zu unterscheiden sein, in welcher Funktion sie dort eingesetzt werden.

Aber auch in Frankreich und England gibt es Widerstand gegen einen Krieg. Damit könnten deren Regierungen Druck auf die USA ausüben.

Die anderen Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat haben alle der Resolution 1441 zugestimmt, die auf Grund ihrer Unschärfe den Kriegsbeginn ermöglicht. Bei den Vorverhandlungen zu der UN-Resolution haben die USA den Vetomächten ferner in Aussicht gestellt, sie würden deren Wirtschafts- und Ölinteressen im Irak berücksichtigen. Das hat nicht nur Frankreich beruhigt, sondern auch Russland.

Die Kriegsbefürworter sagen, dass von Saddam Husseins Regime eine konkrete Gefahr ausgeht. Wäre der Krieg dann nicht gerechtfertigt?

Die Kriegspolitik wird mit der Ideologie vom „gerechten Krieg“ und der „humanitären Intervention“ legitimiert. Auf diese Ideologien wird dann noch der Stempel „Menschenrechte“ und der Aufkleber „Freiheit“ gedrückt. Doch haben nicht alle mörderischen Nationalisten, Kolonialisten und Imperialisten ihre Kriege für gerecht erklärt? Es gibt keinen gerechten Krieg. Denn Krieg hat nichts mit Gerechtigkeit, sondern nur mit Gewalt, Macht und rücksichtsloser Durchsetzung von Interessen zu tun.