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Archiv-Artikel

Entlang den blauen Küsten

Mit einer aufwändigen Doku-Reihe lässt das ZDF den verblassenden Mythos der „Riviera“ (Teil 1: Monaco, Sa., 18.00 Uhr) wieder aufleben – in vielen schönen, manchmal etwas zu ruhigen Bildern

von JENNI ZYLKA

„Monte Carlo wird immer blühen, solange es 3.000 reiche Männer auf der Welt gibt.“ Das greinte einst fröhlich Multimillionär Onassis, großer Monaco- und Devisenfan. Der Beutel voller Spitzenverdiener an der Côte d’Azur war auch das erste Ziel des Dokufilmers und Medienberaters Lutz Hachmeister, den man ob so viel Luxus nur beneiden kann: Vier Teile hat er für das ZDF über die Riviera produzieren dürfen, einer swimmingpoolplätschernder als der andere.

Den Grimaldi-Clan haben Hachmeister und Team in der am Samstag ausgestrahlten ersten Folge genauer betrachtet, und herausgekommen ist ein unterhaltsames Porträt der oberen Zehntausend Europas damals und heute, mit allem, was ein Gala-Leser wissen will (Onassis, Callas, Spielbanken, Ballettratten) und was der Spiegel-Leser vorgibt, wissen zu wollen (Steuerpolitik, Autorennen), um nicht seine Neigung zu braun gebrannten Millionärinnenbeinen einzugestehen. Dazu fahren weißblonde Starfotografinnen im offenen Jeep vor blauem Himmel herum und zeigen, wie schön die Promifotos geworden sind, die sie schießen durften.

Am Sonntag nun kann man zuschauen, wie es auf der italienischen Seite aussieht: in San Remo, dessen berühmtes Schlagerfestival vom Filmteam so genau begleitet wurde, dass keine Fragen offen bleiben – fast ein wenig zu genau, die Bilder von ehemaligen und zukünftigen Sternchen auf und vor Partys fangen nach einer halben Stunde an, ineinander zu fließen. Der Tagesspiegel- Chefredakteur und Moderator Giovanni Di Lorenzo erinnert sich an seine Eindrücke des High-Class-Fests und outet sich nebenbei als Schlagerfan, kein Wunder, wenn man die Grazien und Charmbolzen von San Remo, vor allem vom San Remo in den Hochzeiten der 50er und 60er mit beispielsweise der ZDF- Hitparade vergleicht. Hier trägt die Riviera dazu bei, einer ansonsten eher spießigen Schlagerparty den nötigen Glamour mitzugeben – und sie damit zu einem der letzten Zugpferde des italienischen Staatsfernsehens RAI gegenüber dem Berlusconi-Megakonzern zu machen.

Für die folgenden beiden Sendetermine hat sich Hachmeister in Gegenden gewagt, in die sich auch Menschen ohne Auto verirren: Er war in Marseille und auf der „Goldinsel“ Porquerolles. Aber auch dort hat er genug Blau eingefangen, um einem gehörig den Kopf zu verdrehen.

Formal sind die Riviera-Besuche ein größtenteils hübsches, unkompliziertes Stück öffentlich-rechtliches Fernsehen, das von den (allerdings leicht zu findenden) Bildern lebt und ab und an von etwas Split-Screen-Spielerei unterbrochen wird, untermalt mit leichtem Easy Listening, das hervorragend zum Easy Living passt. Oft verzichtet Hachmeister auf Kommentare und lässt seine rasant zusammengeschnittenen alten und neuen Dokumente sprechen. Manchmal schaffen es diesonnendurchfluteten Yacht-Sonnendeck-Etepetete-Stillleben aber auch nicht, einen am Ball zu halten: Dann macht sich die typische Millionärslangeweile breit.

(Teil 2: San Remo, So., 22.55 Uhr)