FRANKREICHS INITIATIVE ALLEIN WIRD DIE ELFENBEINKÜSTE NICHT BEFRIEDEN : Es geht um Menschenrechte
Frankreichs Außenminister Dominique de Villepin verdient Respekt. Bei seinem Blitzbesuch in der Elfenbeinküste hat er den Kriegsparteien wichtige Zugeständnisse abgerungen und damit den Stillstand im Friedensprozess beendet. Aber: Die Friedensaussichten waren noch nie so schlecht.
Der Ansatz Frankreichs hat zwei Defizite, die sein Scheitern wahrscheinlicher machen als seinen Erfolg. Zum einen gibt es keine Kontrolle der Einhaltung der Zusagen, die de Villepin erhalten hat – zum Beispiel was den Abzug von Söldnern aus der Regierungsarmee angeht. Auch die Einhaltung von Waffenstillstandsbefehlen wird schwieriger, weil auf beiden Seiten der Kriegsfront das Gewicht von Hardlinern wächst – radikale Militärs und Milizenführer, die um jeden Preis die militärische Entscheidung suchen. Dass neue kleine Rebellengruppen inzwischen über den Umweg des Nachbarlandes Liberia die Waffenstillstandslinie umgehen, während in Abidjan die Verfolgung von Regimegegnern zunimmt, deutet auf kommende Konfrontationen, gegen die die politischen Führer vermutlich machtlos sein werden. Frankreich hat sich nicht festgelegt, wie seine 2.500 Eingreifsoldaten in der Elfenbeinküste in diesem Fall reagieren.
Das zweite Problem ist grundsätzlicher Natur. Die Fixierung auf die friedenssichernde militärische Rolle Frankreichs und die friedensstiftende politische Rolle des vorgesehenen Verhandlungsortes Paris bedeutet eine Bestätigung überkommener Denkstrukturen in der Elfenbeinküste, wonach Licht und Heil aus Paris kommen und in den benachbarten Ländern Westafrikas finsterste Dunkelheit herrscht. Diese Mentalität muss verschwinden, wenn die Elfenbeinküste jemals die kriegstreibende, chauvinistische Ideologie der „Ivoirité“ überwinden will, die „echte“ Bürger gegenüber Nachkommen schwarzer Einwanderer privilegiert.
Es ist bezeichnend, dass Menschenrechte, Kriegsverbrechen und Straflosigkeit bei den Gesprächen de Villepins in der Elfenbeinküste keinerlei Rolle spielten. Aber um diese Fragen muss es gehen, wenn eine politische Einigung im Land selbst Bestand haben soll. DOMINIC JOHNSON