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Archiv-Artikel

„Das ist eine Ideenschmiede, eine Werkstatt“

Gigi Francesco, Mitglied des Beirats des Weltsozialforums, ist froh, dass sich das Asiensozialforum eher lokalen als globalen Fragen widmet

taz: Das Asiatische Sozialforum ist stark von indischen Themen und TeilnehmerInnen dominiert. Fühlen sich die VertreterInnen aus Südostasien und Ostasien nicht marginalisiert?

Gigi Francesco: Das Vorbereitungskomitee hat nie versucht, diese indische Dominanz zu verschleiern. Und wir vom Weltsozialforum-Beirat haben sie akzeptiert. Es ist bewundernswert, dass die indischen Gruppierungen – mit ihren vielen Konflikten, mit ihrer Nähe zu Parteien –, die Gewerkschaften, die NGOs, die sozialen Bewegungen, dass sich diese komplexe Szene zusammengerauft hat. Wir glauben, dass es die globalisierungskritischen Bewegungen insgesamt konsolidiert, wenn die indischen Gruppen ihre destruktive Kritik aneinander überwinden und zusammenarbeiten. Denn die innerindischen Differenzen sind schließlich auch symptomatisch für andere Bewegungen.

Was ist das Besondere am Asiatischen Sozialforum, an den Debatten hier und den AkteurInnen? Unterscheidet es sich wesentlich vom Weltsozialforum?

Es ist völlig anders als das Weltsozialforum. Es bringt uns zurück zu den Problemen, die die Menschen an der Basis haben. Hier geht es wieder um Rechte an Ressourcen, an Wald, an Wasser, um das Überleben, darum, wie sich lokale Patriarchate durch Militarisierung und Ideologisierung verstärken.

Die starke Präsenz von Frauen ist auffällig. Sind sie stärker vertreten als bei den beiden Weltsozialforen?

Ja, hier sind mehr Frauen. Aber feministische Ansätze und Diskurse müssen sich immer noch auf die Podien kämpfen. Jede Podiumsbesetzung ist eine politische Schlacht, die meist von Männern gewonnen wird. Auch zwischen den Frauenorganisationen gab es Konflikte: Wir wollten Frauen und Fundamentalismus als Hauptthema, die Inderinnen Frauen und Globalisierung.

Eine Schwäche des Europäischen Sozialforums in Florenz war die fehlende Entwicklung von Alternativen. Wie stark sind hier die Potenziale dafür?

Ich sehe das Forum nicht als Bühne zur Bereitstellung globaler Alternativen. Das ist hier eine Ideenschmiede, eine Werkstatt von Inspirationen, wo Alternativen keimen, langsam wachsen. Dann geht die eine oder andere Gruppe nach Hause und setzt an der Basis etwas um. Der Wert des Forums liegt darin, dass wir einen geschützten zivilgesellschaftlichen Raum haben, der uns gehört, wo wir Konsense entwickeln können. Einen solch progressiven Raum gibt es nirgendwo anders, wo Antiimperialisten und Altlinke, Lesben und Schwule versuchen, ihre Globalisierungskritik zu verknüpfen.

INTERVIEW: CHRISTA WICHTERICH